Beziehungsgesetze, psychologische

[155] Beziehungsgesetze, psychologische, sind eine Klasse der Grundgesetze des psychischen Geschehens. Sie geben sich, nach WUNDT, »vorzugsweise in den Processen zu erkennen, die der Entstehung und unmittelbaren Wechselwirkung der psychischen Gebilde zugrunde liegen« (Gr. d. Psych.5, S. 392). Drei allgemeine Beziehungsgesetze lassen sich unterscheiden: »die Gesetze der psychischen Resultanten, Relationen und Contraste« (l.c. S. 393). »Das Gesetz der psychischen Resultanten findet seinen Ausdruck in der Tatsache, daß jedes psychische Gebilde Eigenschaften zeigt, die zwar, nachdem sie gegeben sind, aus den Eigenschaften seiner Elemente begriffen werden können, die aber gleichwohl keineswegs als die bloße Summe der Eigenschaften jener Elemente anzusehen sind« (l.c. S. 393 f.). In diesem Gesetz kommt das »Princip schöpferischer Synthese« (s. d.) zum Ausdruck (l.c. S. 394). »Das Gesetz der psychischen Relationen bildet eine Ergänzung zu dem Gesetz der Resultanten, indem es sich nicht auf das Verhältnis der Bestandteile eines psychischen Zusammenhangs zu dem in diesem zum Ausdruck kommenden Wertinhalte, sondern auf das Verhältnis der einzelnen Bestandteile zueinander bezieht. Wie das Gesetz der Resultanten für die synthetischen, so gilt daher das Gesetz der Relationen für die analytischen Vorgänge des Bewußtseins« (l.c. S. 396). Es gelangt zu seinem vollkommensten Ausdruck in den Vorgängen der »apperceptiven Analyse« und den ihnen zugrunde liegenden Functionen der Beziehung und der Vergleichung. »Bei den letzteren insbesondere erweist sich als der wesentliche Inhalt des Gesetzes der Relationen das Princip, daß jeder einzelne psychische Inhalt seine Bedeutung empfängt durch die Beziehungen, in denen er zu anderen psychischen Inhalten steht« (l.c. S. 397). »Das Gesetz der psychischen Contraste ist wieder eine Ergänzung zu dem Gesetz der Relationen. Denn es bezieht sich gleich diesem auf die Verhältnisse psychischer Inhalte zueinander.« Indem die Gefühle, Affecte, kurz die »subjectiven« Erfahrungsinhalte sich nach Gegensätzen ordnen, »folgen diese Gegensätze zugleich in ihrem Wechsel dem allgemeinen Gesetz der Contrastverstärkung« (l.c. S. 397 f.). Da alle psychischen Processe Gefühls- und Willensvorgänge einschließen, so beherrscht dieses Gesetz auch die intellectuellen Processe (Phil. Stud. X, S. 112 ff.; Vorles.2, S. 334 ff.; Grdz. d. ph. Psych. II4, S. 490 ff.; Syst. d. Phil.2, S. 596 ff.; Log. II2, 2, S. 285). Das Contrastprincip bewährt sich auch im geschichtlichen Leben als »Entwicklung in Gegensätzen« (s. d.).

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 155.
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