Fischer, Kuno

[182] Fischer, Kuno, geb. 1824 in Sondewalde (Schlesien), Prof. in Heidelberg, gest. 1908.

F., der als Vortragender hohen Ruhm genoß, ist vor allem durch seine Geschichte der neueren Philosophie und deren glänzende Diktion bekannt. In seinen eigenen Lehren zeigt er sich als (teilweise Kantianisierender) modifizierter Hegelianer. Die Logik ist zugleich Erkenntnislehre und Metaphysik. Die dialektische Entwicklung geht vom Sein durch das Wesen zum Zweck. Gegenüber Trendelenburg erklärt F., die von diesem behauptete »Lücke« in Kants Argumenten für die Subjektivität der Anschauungsformen bestehe nicht. Es gibt zwei Willensarten: die Willkür, die durch Erkenntnis geleitet ist, und das allem Erkennen und bewußten Handeln vorausgehende, unbewußte Wollen. Diese Affekte sind Willenszustände. Der ganze Leib ist eine »Willenserscheinung«: im Gehirn manifestiert sich das Erkennenwollen. Der Wille ist die Quelle der Lebenstätigkeiten. Was in uns Wille ist, ist in der Natur Kraft. Der Wille ist das Wesen des Menschen, der Geist ist seine Begabung. Im Ästhetischen liegt ein spielendes Verhalten vor, eine Sammlung und Einheit aller unserer Fähigkeiten. Der Witz ist ein »spielendes Urteil«. »Was noch nie vereint war ist mit einem Male verbunden, und in demselben Augenblick wo uns dieser Widerspruch noch frappiert; überrascht uns schon die sinnvolle Erleuchtung.«

SCHRIFTEN: Diotima, die Idee des Schönen, 1849. – System der Logik und Metaphysik, 1852; 2. A. 1865; 3. A. 1909. – Geschichte der neueren Philosophie, 10 Bde., 2. – 5. A., 1898-1910 (Hauptwerk). – Philos. Schriften, 1891 f.; 5. A. 1902 ff. (Einleit. in d. Gesch. d. neuem Philos.; Kritik der Kantischen Philos., u. a. ) – Kleine Schriften, 1889 ff. (Über den Witz; Über die menschl. Freiheit; Das Verhältnis zwischen Willen und Verstand, u. a. ). – Schiller als Philosoph, 1858; 2. A. 1892. – Schiller-Schriften, 1891. – Goethe-Schriften, 1888-90. – Goethes Faust, 4. A. 1903, u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 182.
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