Artillerie

Fig. 15. Steinbüchse.
Fig. 15. Steinbüchse.
Fig. 16. Steinbüchse.
Fig. 16. Steinbüchse.
Fig. 17. Orgelgeschütz.
Fig. 17. Orgelgeschütz.
Fig. 18. Orgelgeschütz.
Fig. 18. Orgelgeschütz.
Fig. 19. Orgelgeschütz.
Fig. 19. Orgelgeschütz.
Fig. 20. Steinbüchse.
Fig. 20. Steinbüchse.
Fig. 21. Steinbüchse.
Fig. 21. Steinbüchse.
Fig. 22. Steinbüchse.
Fig. 22. Steinbüchse.

[33] Artillerie kommt als Kollektivname für Geschütz im Anfang des 16. Jahrh. auf, bei Vadian artellari (etwa 1530), bei andern Artelerei und Artollerie; aus franz. die artillerie, provenz. artilharia, span. artilleria, ital. artigliéria = Geschütz, von franz. der artiller, span. der artillero, ital. der artigliére = Stückgiesser, Geschützsoldat, welches auf provenz. artilha, Festungswerk und zuletzt auf Ableitung von lat. ars, Kunst, im Mittellateinischen auch soviel als Geschütz zurückzuführen ist. S. Weigand. Eine Umdeutschung des nicht verstandenen Artillerie scheint arkelei, [33] arkellei, arkollei zu sein. Der Ausdruck Artillerie kommt ungefähr zur selben Zeit wie die Feuerwaffen in allgemeinere Aufnahme, doch ist er älter als die Feuerwaffe und bei den Franzosen schon unter Louis IX. um 1228 bekannt, als Gesamtname der Wurfgeschosse. Der Adel, der in den Feuerrohren eine Beschränkung seiner Bewaffnung, und Dichter und Denker, die in ihnen eine freche Anmassung göttlicher Attribute sahen, betrachteten die neue Waffe mit ungünstigen Blicken. Eine rationelle Trennung von Handwaffen und Geschützen ist bei den geringen Kalibern der frühesten Feuerwaffen kaum durchzuführen. Als Mittelding zwischen[34] Handwaffe und Geschütz ging wohl zunächst die Holzkanone hervor; ein gestielter Handmörser wurde einer arabischen Waffe, der Madfaa, nachgebildet. Als schweres Geschütz erscheint sodann der Wurfkessel oder Mörser, dadurch verlängert, dass man entweder dem Geschütz vorn ein Mundstück ansetzte, oder, indem man den Wurfkessel in einen[35] Cylinder hineinschob; in jenem Fall hatte man einen Vorder-, in diesem Fall einen Hinterlader. Allmählich ging man zu schlankern Formen über. Gegossen wurden die Geschütze zuerst über einen Kern, schon im 15. Jahrh. bohrte man aber in Deutschland Geschütze. Das Material ist anfangs Stabeisen, später Bronze. Vorherrschende Typen giebt es bis gegen 1450 kaum, man schwankt von einem Extreme zum anderen, von sehr kurzen, kesselartigen zu langen, schlangengleichen Rohren. Erst gegen Ende des 15. Jahrh. lassen sich bestimmt benannte Arten von Geschützen deutlicher unterscheiden.

1. Büchse, ahd. puhsa, mhd. bühse, lat.-griech. pyxis, ursprünglich eine aus hartem Buchsbaumholz gedrehte Kapsel, welche sich schraubt. Man unterscheidet Steinbüchsen für Steinkugeln und Klotzbüchsen für Kugeln aus Eisen, Bronze und Blei, Lothbüchsen schiessen bloss Blei.

2. Metzen, ahd. mhd. mez = Mass, Gefäss, Trinkgefäss, also gleichbedeutend mit Kanone aus lat. canna = Röhre, Trinkgeschirr.

3. Ellbogen-Geschütze, in Form von Winkelhaken mit horizontalem Rohr als Kammer und senkrecht emporstehendem Rohr als Flug.

4. Mörser, Tummler oder Böller, anfangs selten, da die alten Wurfmaschinen denselben Zweck wohlfeiler erfüllten; seit dem 16. Jahrh. werden sie behufs Werfen von Feuerkugeln häufiger. Tummler und Böller sind Mörser kleineren Kalibers.

5. Hauptbüchsen, Scharfmetzen oder Mauerbrecher, zum Brechschusse bestimmt, seit dem Ende des 14. Jahrh. eine besondere Zierde der Fürsten und Städte.

6. Kammerbüchsen mit beweglicher Ladebüchse, die durch vorgesteckten Keil oder Schraubgewinde im Rohre befestigt wurde, auch Vogler, Vögler genannt, in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. häufig.

7. Haufnitz, Hawnitz, Hauffnitt, Haubitz, von den Hussiten in Nachahmung und Verkürzung der gegen sie zahlreich angewandten Kammerbüchsen erfunden und mit Verstümmelung des deutschen Wortes Hauptbüchse benannt. Es ist ein Vorderlader, teils mit, teils ohne abgesetzte Pulverkammer.

8. Kartaunen oder Quartanen, Viertelsbüchsen, durch Verlängerung der Hauptbüchse bei Verminderung des Kalibers entstanden.

9. Schlangen, franz. serpentines, mit sehr langem Rohr.

10. Falken, Falkaunen, Valkenetlin, Falkonett, leichtere Feldschlangen.

11. Hagelbüchsen oder Orgelgeschütze. Vereinigung mehrerer Rohre auf einer Achse.

12. Repetiergeschütz.

In Bezug auf die Fortschaffung des Geschützes unterschied man Tarrasbüchsen, d.i. solche, deren Fahrzeuge nicht bloss zum Transport, sondern auch als Schiessgerüste, Tarras, dienten und Karrenbüchsen, von nur einem Pferde gezogen.

Die Figuren 15–32 entstammen einer Münchner Bilderhandschrift vom Jahr c. 1350, die statt des Textes bloss Unterschriften enthält. Erklärt und abgebildet im Anzeiger f. Kunde d.d. Vorzeit. 1860. Nr. 11.

Das älteste deutsche Buch über Artillerie ist das Feuerwerksbuch des Abraham von Memmingen, 1414; auf ihn folgt der Pfälzer Martin Merz, dessen Kriegsbuch aus dem Jahre 1472 stammt. Nach Jähns, Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 33-36.
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