Brunnen

Fig. 40. Fischmarktsbrunnen in Basel.
Fig. 40. Fischmarktsbrunnen in Basel.

[89] Brunnen kommen in Klöstern und Städten seit dem 12. Jahrh. in reicher architektonischer Form vor; ihr Aufstellungsort sind Plätze, Höfe und Kreuzgänge. Man unterscheidet Wandbrunnen, Nischenbrunnen und Freibrunnen, bei den letzteren wieder Zieh- und Röhrbrunnen; der erstere erhielt ein in der Regel steinernes Gewicht zum Aufhängen der Rolle, an der die Eimer liefen; der schönste und prächtigste der Art ist der Judenbrunnen auf dem Domplatz zu Mainz. Weit häufiger sind die Röhrbrunnen, bei welchen das Wasser sich in ein grosses Becken ergiesst, in dessen Mitte eine Säule, ein Pfeiler oder ein ganzes Etagenwerk sich erhebt. Die bildlichen Darstellungen, die als Gemälde, Reliefs, Statuen oder ganze Gruppen den Brunnen zieren, sind Bilder von Kirchenheiligen, namentlich Maria, sodann St. Michael und St. Georg. Dazu kommen Helden der historischen Zeit und Allegorien. Lehrreich ist namentlich der 1355–1361 gebaute Schöne Brunnen zu Nürnberg von ca. 6 m Beckendurchmesser und 18 m Höhe, mit vielen Standbildern an den Nebenpfeilern und einem Eisengitter v.J. 1586. Derselbe enthält in einer obern Reihe Moses mit sieben Propheten, in einer untern die sieben Kurfürsten, dann Chlodwig, Karl d. Gr. und Gottfried von Bouillon; Josua, David und Judas Makkabäus; Hektor, Alexander und Julius Cäsar. Der Fischmarktsbrunnen zu Basel siehe Fig. 40, zeigt Maria, Johannes, Petrus, Erzväter und Propheten, und die allegorischen Figuren der Beharrlichkeit, Gerechtigkeit, Gottes- und Menschenliebe.[90] Häufige Brunnengestalt ist Moses, und dessen neutestamentliches Gegenbild Christus mit der Samariterin. Unter den mythologischen Figuren, die seit dem 16. Jahrh. beliebt werden, nimmt Neptun die erste Stelle ein, im Gefolge von Najaden, Nereiden, Tritonen und Seepferden. Mehr lokaler Natur, aber oft durch besondere Frische und Anmut ausgezeichnet, sind Wappentiere (Bär, Greif, Löwe), oder Wappenhalter mit dem Wappenschild oder Lanzknechte u. dgl. Noch charakteristischer sind Ehrensäulen für die Städtegründer, z.B. Kaiser Augustus auf dem Augustusbrunnen in Augsburg, oder alte Helden. Der Brunnen ist im Mittelalter nächst der Kirche die Stelle für das »Denkmal«, aber auch für Volksscherz und Volkswitz, wie der Kindlifresser in Bern, das Gänsemannchen in Nürnberg. Auch durch Spruchverse pflegte man die öffentlichen Brunnen auszuzeichnen. Vgl. Gengler, Deutsche Stadtrechts-Altertümer. Kap. XII. Erlangen 1882.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 89-91.
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