Chiromantie

[104] Chiromantie, Wahrsagung aus den Linien der Hand, gehört mit der Astrologie und Alchemie zu jenen aus dem Altertum stammenden Lebenserscheinungen, welche zwar aus der Beobachtung der Natur entstanden, die natürliche Erkenntnis jedoch nicht rationell auszubilden vermochten, sondern in teils naiv kindlicher und phantastischer Art, teils als Mittel des Betruges zu künstlichen Systemen ausgebildet und, vom Mittelalter lebhaft aufgeaufgegriffen, Versuchsfelder sowohl romantischer Träumerei als betrüge rischer Handlungsweise als endlich redlicher, aber ungenügender Naturbeobachtung gewesen sind. Schon Aristoteles erwähnt die Chiromantie, Artemidor erhob sie im 2. Jahrh. n. Chr. zur Theorie. Das 16. u. 17. Jahrh. haben in allen europäischen Litteraturen zahllose gelehrte und volksmässige, mit Bildern versehene Darstellungen dieser vermeinten Wissenschaft hervorgebracht, und noch im Beginn des 18. Jahrh. wurden auf den Universitäten eigene Kollegien darüber gelesen. Mit der Chiromantie ging eine auf sämtliche Teile des Körpers sich erstreckende Physiognomie Hand in Hand. Die Chiromantie selber zerfiel in eine Chiromantia medica und eine Chiromantia curiosa. Die Hauptlinien der Hand sind: die Herzens- oder Lebenslinie, die Kopf-, Mittel- oder Naturlinie, die Tisch-, Gedärm-, Genitalien-, Nieren-, Gall- und bei dem Frauenvolk die Mutterlinie, endlich die Leber-, Lungen- und Magenlinie. Daneben giebt es 8 Nebenlinien, 3 Triangel, den Tisch oder Quadrangel und 7 Berge der Hand: Berg Veneris, Jovis, Saturni, Solis, Mercurii, Lunae, Cavea Martis.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 104.
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