König der Spielleute

[514] König der Spielleute u. dgl. Der Vorstand der an einem Hofe angestellten Spielleute und Sänger hiess zuerst in Frankreich und England König, Roy des Menestrels, König der Geiger, Roi des violons; danach nannte man ihn in Deutschland den Spielerkönig, Spielgraf, Musikgraf, Pfeiferkönig, König der fahrenden Leute. In Österreich gab es einen Erbspielgrafen und einen Reichsspielleutekönig für das ganze heilige römische Reich. Diese Ämter wurden endweder adeligen Geschlechtern zu Lehen gegeben, wie z.B. die Herren von Rappoltstein im Elsass, nach deren Aussterben die Pfalzgrafen von Birkenfeld das Königreich fahrender Leute als Reichserblehen hatten, oder sie waren Hofämter. Die Herren von Rappoltstein verwalteten ihr Amt[514] nicht selbst, sie setzten vielmehr einen Pfeifer, Trompeter oder einen anderen fahrenden Mann zu ihrem Stellvertreter ein, der nun Pfeiferkönig hiess. Ihm waren alle im Königreich angestellten fahrenden Spielleute untergeben und ihm jährlich ein Huhn und einen Sester Haber zu entrichten schuldig. Sein Amt war, fürzusorgen, dass kein Spielmann zu irgend einer Kurzweil zugelassen werde, der nicht zuvor in die Brüderschaft aufgenommen wäre. Das Königreich fahrender Leute im Elsass war nämlich in drei Brüderschaften eingeteilt, die obere, mittlere und untere, deren jede sich jährlich einmal zu einem Pfeifertag versammeln musste, um alle gemeinsamen Angelegenheiten zu verhandeln und die unter den Genossen entstandenen Streitigkeiten zu schlichten. Das genossenschaftliche Gericht bestand aus einem Schultheiss, vier Meistern und zwölf Beisitzern, den sogenannten Zwölfern, und aus einem Weibel. Die Appellation ging an die Herren von Rappoltstein. Ähnliche Verhältnisse finden sich in der Schweiz, wo Waldmann Pfeiferkönig war. So hatten die Seiler einen König, die Leinzieher auf der oberen Elbe. Maurer, Fronhöfe, II, 406, und Grimm, Wörterb. V, 1697.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 514-515.
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