Kapuziner

[480] Kapuziner sind aus einer Verzweigung des Franziskanerordens hervorgegangen. Ihr Urheber ist Matthäus von Bassi im Herzogtum Urbino, der sich von einem Klosterbruder sagen liess, der heil. Franziskus habe eine andere Kapuze getragen, als bis dahin geglaubt und von den Franziskanern angenommen war. Er entfernte sich infolge dieser wichtigen Entdeckung aus seinem Observantenkloster Montefalconi und erschien 1526 in Rom vor Clemens VII., der ihm gestattete, mit seiner pyramidalen Kapuze und seinem langen Barte als Einsiedler zu leben und überall zu predigen, wenn er sich nur alljährlich in dem Provinzialkapitel der Observanten vorstellte. Nach vielen Streitigkeiten mit den Franziskanern gab ihnen Clemens VII. am 18. Juli 1528 eine Bulle, welche sie als besondere Kongregation bestätigte, von den Observanten befreite und den Konventualen unterordnete, das letztere insoferne, als sie nur einen Generalvikar haben durften, sich Visitationen von den Konventualen gefallen lassen mussten und bei Prozessionen nur unter dem Kreuze der Konventualen oder der Pfarrgeistlichkeit gehen durften. Seitdem sie nun frei mit ihren lang zugespitzten Kapuzen prangen durften, wurden sie von den Leuten Capuzini, Kapuzinermännchen, gescholten, ein Titel, der 1536 ausdrücklich anerkannt wurde: sie hiessen jetzt Capucini ordinis fratrum minorum oder Fratres minores Capucini. Ihr erstes Kloster war das von Colmenzono. In ihren Statuten wurde verordnet, sie sollten den Gottesdienst in alter strenger Weise halten, für keine Messe eine Vergeltung nehmen, zwei Stunden täglich stilles Gebet pflegen, während des ganzen Tages mit Ausnahme weniger Stunden Stillschweigen beobachten, das Geisseln nicht vergessen, weder Fleisch, Eier noch Käse betteln, wohl aber das alles,[480] wenn man es ungebeten giebt, annehmen, nicht mehr erbetteln, als für den Tag nötig ist, nur auf drei, höchstens sieben Tage Vorrat sammeln und kein Geld anrühren. Die Kleidung soll ärmlich, grob und eng sein. In der Regel sollten sie barfuss gehen, sich nur ausnahmsweise der Sandalen bedienen und weder zu Pferde noch zu Wagen reisen. Ihre Klöster sollen in der erbärmlichsten Weise aufgeführt werden und in der Regel nur sechs bis sieben, höchstens zehn oder zwölf Brüder beherbergen. Ausser dem Generalvikar haben sie Provinzialen, Kustoden und Guardiane, die man alle Jahre neu wählt, nur der Generalvikar steht drei Jahre im Amte. Der Stifter und erste Generalvikar Matthäus von Bassi blieb nur zwei Monate im Amt. Grosses Ansehen besass anfangs der Generalvikar Bernhardin Occhim; als dieser jedoch in Genf zum Protestantismus überging, wollte der Papst den Orden aufheben und verbot den Kapuzinern die Predigt. Nur die demütigste Bitte und Unterwerfung bewirkte 1540 die erneuerte Erlaubnis derselben. Seitdem erst kam der Typus der Kapuziner zur scharfen Ausprägung und blieben die grösste Beschränkung von Genuss und Bildung und die absichtliche Verwahrlosung von Geist und Körper die Grundzüge der Heiligkeit der Kapuziner, welche nun seit der Reformation unter den niederen Volksklassen eine ähnliche Wirkung übten wie die Jesuiten unter den höheren und höchsten Ständen. Ursprünglich auf Italien beschränkt, kam der Orden 1574 nach Frankreich, 1581 in die Schweiz, 1592 nach Deutschland und zwar zuerst nach Innsbruck. Seit 1619 erhielten sie endlich eigene Generale und das Recht, in Prozessionen unter ihrem eigenen Kreuze zu gehen; auch machten sie sich im Gefolge der Spanier und Portugiesen um die Heidenbekehrung in Amerika, Afrika und Asien verdient. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts gab es auch Kapuzinerinnen. Vogel in Herzogs Real-Encykl.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 480-481.
Lizenz:
Faksimiles:
480 | 481
Kategorien: