Klosteranlagen

Fig. 80. Abtei zu St. Gallen.
Fig. 80. Abtei zu St. Gallen.
Fig. 81. Grundriss des Klosters Riddaghausen.
Fig. 81. Grundriss des Klosters Riddaghausen.
Fig. 82. Grundriss des Klosters Maulbronn.
Fig. 82. Grundriss des Klosters Maulbronn.

[504] Klosteranlagen. Die Anfänge der christlichen Klosterbauten im Frankenreiche knüpfen sich an die irischen Glaubensboten; wo sie sich niederliessen, da entstanden nicht nur Kirchen, in denen sie ihren Gott verehrten, sondern auch nach heimischer Art gezimmerte Hütten und Wohnhäuser. Freilich werden wir uns jene frühesten Anlagen kaum dürftig genug vorstellen können; es waren schlichte Holzhütten, welche nur den allernotwendigsten Bedürfnissen genügen konnten.

Als dann im 8. Jahrhundert die kräftige Herrschaft der Pipiniden sich entwickelte, erwuchsen an hervorragenden Stellen, geschützt durch die Gewalt der Könige und gefördert durch reiche Schenkungen der Edlen, bereits jene ersten weitläufigen Klosteranlagen, wie wir dieselben durch das ganze Mittelalter verfolgen können. Eine solche hervorragende Stellung unter den zahlreichen von irischen Mönchen gestifteten Klöstern nahm St. Gallen ein, das unter seinem trefflichen Abte Othmar rasch aufblühte und eine Erweiterung der alten Abteigebäude bedurfte. Ausser den eigentlichen Klosterräumen wurden auch Häuser für Arbeits- und Handwerksleute angelegt, ferner ein Krankenhaus mit einer besonderen Abteilung für Aussätzige und ausserhalb einer Verzäunung eine sogenannte äussere Schule, in welcher Jünglinge gebildet wurden, die nicht zum Mönchsleben bestimmt waren. In der flachgedeckten, 100 Fuss langen Kirche wird besonders der vielen Fenster, der gläsernen Kronleuchter rühmend Erwähnung gethan. Eine Krypte unter dem Chore enthielt die Gebeine des hl. Gallus. Die ganze Kirche war aus Stein ausgeführt, und das Mauerwerk wird als so fest geschildert, dass beim Abbruch der Kirche im Jahre 820 unter grosser Mühe[504] Mauerbrecher angewendet werden mussten.

Zu gleicher Zeit entstanden, von irischen Mönchen gegründet, am Oberrhein zahlreiche Klosteranlagen. Das Innere Deutschlands dem Christentum erschlossen zu haben, bleibt aber das Verdienst des angelsächsischen Mönches Winfried oder Bonifacius, des Apostels der Deutschen. Seine Lieblingsstiftung war das Kloster Fulda, dessen Grundlegung ins Jahr 742 verlegt wird und zu dessen Erbauung er den ersten Abt Sturm nach dem Mutterkloster Montecassino in Italien sandte, um die dortige Anlage zu studieren. Wie Abt Sturm seine Studien am Kloster Fulda verwertete, wissen wir allerdings nicht, allein es ist sicher anzunehmen, dass der Typus der klösterlichen Anlagen dieser frühen Zeit nicht verschieden war von dem der späteren Jahrhunderte. Um einen, in der Regel quadratischen, mit Arkaden umgebenen Hof, den sogenannten Kreuzgang, gruppierte sich die Kirche, gewöhnlich im Norden, und die zur Wohnung der Konventualen bestimmten Räumlichkeiten, die sogenannte Klausur. Im Grunde genommen ist das, die Kirche ausgenommen, ganz die Anlage der antiken villa urbana, während die neben der Klausur belegenen Wirtschaftsgebäude der mit den herrschaftlichen Höfen verbundenen villa rustica entsprechen, so dass anzunehmen ist, dass den Benediktinern bei Anlage ihrer Klöster das antike Wohnhaus als Vorbild vorgeschwebt habe. Nachdem Karl der Grosse ins Grab gestiegen, brach allerdings unter den nachfolgenden schwachen Herrschern über Deutschland eine traurige Zeit an, allein es äusserten sich doch noch die Nachwirkungen der vergangenen grossen Epoche. Ganz besonders war es das Kloster Fulda, wo die unter dem zweiten Abte, Baugolf, durch den baukundigen Mönch Ratger begonnenen grossartigen Bauten fortgeführt und so weit ausgedehnt wurden, dass die Mönche den Abt verklagten, weil sie nur immerfort bauen müssten und nichts anderes thun könnten. Im Kirchenbau tritt uns in Fulda unter dem vierten Abte Eigil eine Neuerung entgegen, welche für die Folgezeit geradezu massgebend wurde, nämlich die Anlage eines zweiten westlichen Chores, der errichtet wurde, um die Gebeine des grossen Heidenapostels Bonifacius aufzunehmen und dessen Grab zu verherrlichen. Dadurch war in die Grundanlage der Basilika ein neues Motiv eingeführt und die Salvatorkirche in Fulda wurde in ihrer doppelchörigen Anlage das Vorbild für die meisten Dome und Klosterkirchen der drei folgenden Jahrhunderte. In die Zeit Ludwig des Frommen fällt zugleich ein anderer bedeutender Neubau, der vorzüglich deshalb Interesse erweckt, weil sich über die Grunddisposition ein alter Originalriss aus dem Jahre 820 bis auf unsere Tage erhalten hat, aus dem die ganze Einrichtung und ausgedehnte Anlage eines damaligen grossen Benediktinerklosters zu ersehen ist. Dazu Fig. 80, nach der Rekonstruktion von Professor Lasius in Zürich. Es ist die Abtei zu St. Gallen, für deren Neuerstellung sich Abt Gotzbert von auswärts, wahrscheinlich von Fulda, Rats erholte und diesen in Gestalt des aus vier zusammengenähten Pergamentblättern bestehenden Baurisses erhielt. Die ganze Anlage umfasst einen Flächenraum von ungefähr 300 × 430 Fuss. Den Mittelpunkt bildet die Kirche, an deren Südseite der Kreuzgang mit den zur Klausur gehörigen Gebäuden stösst und zwar östlich an den Kreuzgang angrenzend das Wohnhaus der Mönche mit dem gemeinschaftlichen Schlafsaal, dem Bade- und Waschhaus, südlich das Refektorium, der Speisesaal mit der Küche, westlich[505] die Kellerei. Statt des Kapitelsaals, der erst im 10. Jahrhundert vorkommt, dient der an der Kirche sich hinziehende Flügel des Kreuzganges. Neben dem östlichen Chor der Kirche befindet sich an der Nordseite die Schreibstube, darüber die Bibliothek, an der Südseite die Sakristei in Verbindung mit der Hostienbäckerei. Vor die Ostseite der Kirche legten sich, durch zwei aneinandergebaute Kapellen getrennt, das Krankenhaus und die Novizenschule, jedes mit einem quadratischen Kreuzgang in der Mitte. Nördlich vom Krankenhaus liegt die Wohnung der Ärzte und ein besonderes Haus zum Aderlassen und Purgieren. An der Nordseite der Kirche begegnen wir dem einer Basilika mit offenen Seitenschiffen gleichenden Abthaus, dem Schulhaus für die Externen und der Herberge für die Fremden samt einem dazu gehörigen Wirtschaftsgebäude; letzterem entsprechend an der südwestlichen Seite die Herberge für Pilger und Arme. An diesen ausgedehnten Kern schliessen sich an der westlichen und südlichen Seite das Gesindehaus und die Ställe für Schafe, Schweine, Ziegen, Kühe, Ochsen, Pferde, ferner das Werkhaus, die Malzdarre, die mit der Klosterküche verbundene Brauerei und Bäckerei, die Stampf- und Mahlmühle, das Haus der verschiedenen Handwerker und die grosse Scheune. Die südöstliche Ecke endlich nehmen die runden Hühner- und Gänseställe, der Begräbnisplatz und der Gemüsegarten ein, in welchem, wie der Plan besagt, Zwiebeln, Sellerie, Coriander, Rettiche, Knoblauch, Salat, Pfefferkraut etc. wachsen.

Die Ausführung des Baues, welche sich schwerlich an diesen mehr systematischen Plan gehalten haben wird, fällt in die Jahre 822 bis 830. Sämtliche Mönche mussten mitbauen. Die Pracht muss gross gewesen sein, denn die Nachrichten aus jener Zeit sprechen von Marmorsäulen an der Amtswohnung. Von der Umfänglichkeit und der[506] Grossartigkeit der Anlage aber erhält man einen Begriff, wenn man erfährt, dass in einem Backofen allein auf einmal 1000 Brote gebacken werden konnten und die Mühle alle Jahre 10 neuer Mühlsteine bedurfte.

Schwerlich werden die Klosteranlagen des ersten Jahrtausends alle so umfassend angelegt worden sein, wie dies in St. Gallen der Fall war. An den meisten Orten begnügte man sich mit dürftigen Holzhütten und ging kaum über den Bedürfnisbau hinaus, so in der von Fulda aus gegründeten, später so einflussreich gewordenen Abtei Hirschau, namentlich aber bei der zahlreichen Neugründung von Klöstern im Sachsenland. Schon Karl der Grosse hatte sächsische Jünglinge in fränkische Klöster gesteckt, wie nach Corbie bei Amiens, damit sie dort im christlichen Glauben unterrichtet werden möchten. Diese zogen nun in ihre Heimat zurück, um den Anbau des Landes und christliche Bildung zu fördern. Das bedeutendste Kloster, das so erstand, ist die nach dem Stammkloster benannte Abtei Corvey, welche für die kommenden Zeiten ein Hauptsitz der christlichen Wissenschaften wurde und aus welcher Ansgar, der Apostel des Nordens, hervorging. Grössere Lust, als die kriegerischen sächsichen Edeln zeigten ihre Frauen und Töchter am Klosterleben, was die Gründung einer Reihe von Nonnenklöstern herbeirief, wie zu Herford, Lammspringe, Gandersheim etc. Im Verlaufe des 10. Jahrhunderts blühten die Klöster durchreiche Schenkungen ungemein auf und es erwachte unter der Geistlichkeit eine grosse Baulust, welche sich namentlich im 11. Jahrhundert geltend machte. Grosse Verdienste um das Bauwesen erwarb sich zu dieser Zeit der Orden der Cluniacenser, deren von den Kaisern gefördertes Streben auf die Reformation der erschlafften Benediktinerklöster gerichtet war. Gleichzeitig entfernt sich die Bauart immer mehr von sklavischer, aber missverstandener Nachahmung der Antike, es bildet sich jene Stilrichtung, welche man als »romanisch« bezeichnet. Aus dem Jahr 1009 besitzt man noch eine Bauvorschrift des Abtes Hugo von Cluny. Darin sind sogar sämtliche Längen- und Höhenmasse samt der Fensterzahl für Kirche, Sakristei, Dormitorium oder gemeinschaftlichen Saal, Sprechzimmer, Kalefaktorium, Refektorium, Küche, Speisekammer, Almosenspende angegeben. Ferner schreibt Hugo sechs Krankensäle mit Portikus und einen Saal zum Fusswaschen vor; anstossend an die Kirche ein Gebäude zur Aufnahme der Gäste mit 40 Betten für Männer und ebenso viel für anständige Frauen. Dazwischen aber soll der Speisesaal liegen. Ein eigenes an die Sakristei angebautes Haus soll die Handwerker aufnehmen, auf der andern Seite derselben der Begräbnissplatz liegen. Auf die Südseite werden die Ställe angeordnet und neben das Refektorium die Bäder. Das in der Nähe liegende Noviziat enthalte vier Räume: zum Nachdenken, zum Zeichnen, zum Schlafen und zur Unterhaltung, ein anderes Gebäude diene den Goldschmieden, Miniatoren, Marmorarbeitern und anderen Künstlern.

Ein Brunnenhaus, in den Friedhof hinausgebaut, steht häufig mit dem Kreuzgang in Verbindung. In demselben pflegte man den Mönchen Bart- und Haupthaar zu schneiden, was nach den consuetudines der Cluniacenser alle drei Wochen und unter Psalmodieren zu geschehen hatte. Man nannte dieses Brunnenhaus deshalb auch die Tonsur.

Ganz gleiche Anlagen wie die Ordensklöster hatten auch die mit den Bischofssitzen verbundenen Domkapitel (monasteria clericorum) und die im 10. Jahrhundert entstandenen [507] Kollegiatstifter, deren Kapitulare die Regel des hl. Augustin befolgten. Wie an den Klöstern für den Abt eine besondere Wohnung ausserhalb der Klausur, oft auf der gegenüber liegenden Seite der Kirche errichtet war, so auch bei den Kathedralen die bischöfliche Pfalz (palatium), die oft befestigt war. Im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts gaben die Kapitularen das gemeinsame Leben auf und wohnten auf besonderen Höfen (curiae canonicales), die innerhalb des bischöflichen Jurisdiktionsbezirkes (auf Domfreiheit) lagen. Eine Domherrn-Kurie aus dem 13. Jahrhundert ist die Curia St. Aegidii zu Naumburg, ferner die Stiftsbauten in Trier und Bamberg. Dem entarteten Leben der Chorherren trat der Prämonstratenser-Orden entgegen, von dessen Baulichkeiten das Liebfrauenkloster zu Magdeburg ein Beispiel zeigt. Im allgemeinen aber lehnen sich die Bauten der Prämonstratenser denen der früheren Klöster an und nehmen auch die besonderen Räumlichkeiten, welche die Kollegiatstifter geschaffen hatten, auf, wie die Kapelle zum Privatgebrauch der Stiftsherren in der Nähe des Kapitelsaals und den grossen Saal zum Abhalten der Stiftsgerichte.

Bis zu Anfang des neuen Jahrtausends hatte sich die Baukunst gänzlich in Händen der Mönche befunden. Allein als im 11. Jahrhundert die masslose Baulust sich entwickelte, reichten die Hände derselben nicht mehr aus und man sah sich deshalb gezwungen, Laien zuzuziehen, welche vorerst als Hörige Frondienste zu leisten gezwungen wurden, oder aber als sogenannte Konversen dem Klosterverband beitraten. Diese bärtigen Brüder, die conversi fratres barbati, geschickte Handwerker, welche in den Kriegszeiten im Kloster Schutz gefunden, bildeten ein Institut von Halbmönchen, die zwar Gehorsam und Ehelosigkeit gelobten, aber nur in loser Verbindung mit dem Kloster standen. Das Institut der Konversen bildeten namentlich die Prämonstratenser, noch mehr aber die Cistercienser aus, welche seit dem dritten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts von Frankreich aus sich über Deutschland ausbreiteten und deren Kirchen, im Gegensatz gegen den von den Cluniacensern mit der Kunst getriebenen Luxus anfangs von der grössten Einfachheit waren. Sehr eigentümlich hat sich die Chorpartie der Cistercienserkirchen gestaltet, wobei einerseits der schlichte Sinn des Ordens durch Hinweglassung der Absidenvorlage zu einer Vereinfachung,[508] andererseits das Bedürfnis kleiner abgesonderter Kapellen für die Privatexerzitien der Mönche zu reicherer Entfaltung des Grundplanes geführt hat. Als Vorbilder dienten zwei Klöster, einesteils das nicht mehr existierende Mutterkloster Citeaux, andernteils das Kloster Fontenay. Beide schliessen den Chor auf eine Gerade, bei ersterem ist indes das französische System des Chorumgangs und Kapellen kranzes auf den rechtwinkligen Abschluss übertragen, bei letzterem laufen die Seitenschiffe im Querhaus aus, an dessen Ostseite sich dann seitenschiffartig je zwei Kapellen öffnen. Nachbilder von Citeaux sind: Riddaghausen, dazu Fig. 81 (Kunst. hist. Bilderbogen) Ebrach etc. Häufiger wird die Anlage von Fontenay nachgeahmt, wie zu Bebenhausen und Maulbronn. Turmbauten führten die Cistercienser keine aus. Da ihnen nicht gestattet war, grössere und mehrere Glocken zu besitzen, begnügten sie sich in der Regel mit einem kleinen, auf der Vierung aufsitzenden hölzernen Dachreiter. Eine Eigentümlichkeit der Cistercienserkirchen liegt in dem ungemein gestreckten Langhause, wofür um so weniger Gründe vorliegen, als von dem Besuche der Klosterkirchen die Laien und besonders die Frauen ausgeschlossen waren. – In einem gewissen Widerspruch mit der Einfachheit der Kirche steht die Grossartigkeit und Mächtigkeit der Klosteranlagen, wovon uns in dem Cistercienserkloster[509] zu Maulbronn (12. bis 14. Jahrhundert) ein grossartiges Beispiel erhalten geblieben ist. Dazu Fig. 28 (Kunsthist. Bilderbogen). Die ganze Anlage gruppiert sich um den gebräuchlichen, hier mit viel Kunst ausgestatteten Kreuzgang. Abweichend von der Regel befindet sich die langgestreckte, mit geradlinigem nach dem Muster von Fontenay gebildeten Chorschluss versehene Kirche im Süden, an deren Westseite sich eine zierliche Vorhalle, das sogenannte Paradies, anlehnt. Ein prächtiges Brunnenhaus, nach Art einer polygonen Kapelle, ist nach dem Hof hinausgebaut. Ihr gegenüber öffnet sich der Eingang in den zweischiffigen Prachtsaal des Refektoriums, dessen reichgegliederte Decke mit der des östlichbelegenen ebenfalls zweischiffigen Kapitelsaales an Schönheit wetteifert. Von hier führt eine Verbindungsgalerie, das sogenannte Parleatorium, nach dem Amtshause. An der Westseite des Kreuzganges endlich befindet sich ein gewölbter Keller und ein zweites Refektorium. Im oberen Stockwerk war das Dormitorium untergebracht. Ausserdem gehörte zum Kloster noch ein Krankenhaus, das ausserhalb der Klausur auf dem Klosterterritorium stand, welch letzteres mit einer durch Türme befestigten Ringmauer umgeben und durch ein Doppelthor nebst Brücke zugänglich war. An den nordwestlichen Eckturm der Ringmauer schloss sich zudem die Klostermühle an und ausserhalb lagen noch verschiedene Gebäude, darunter die Herberge für die Gäste. Bescheidener in der Anlage ist Bebenhausen, dagegen zeigen die Klöster Heiligenkreuz bei Wien und Lilienfeld in Niederösterreich einen bedeutenden künstlerischen Aufwand.

Eine ganz andere Richtung als die Benediktiner, welche sich in freier Lage auf den Rücken von Bergzügen anzusiedeln pflegten, oder die Cistercienser, welche in der Weltabgeschiedenheit stiller Waldthäler ihr Heil suchten, schlugen die im 13. Jahrhundert auftretenden Bettel- oder Predigerorden ein, denn ihre Aufgabe war es nicht, sich gelehrten Studien hinzugeben, sondern durch Predigt das Volk zu belehren, die Dominikaner die höheren Stände, die Franziskaner die niederen. Sie siedelten sich deshalb in den Städten, hauptsächlich an den Stadtmauern an. Einesteils der beschränkte Raum, andernteils das Gebot absoluter Armut veranlassten, dass ihre Klosteranlagen so einfach wie möglich, ja ärmlich aussehen mussten. In ihren Kirchen, welche hauptsächlich für Predigt berechnet waren, wurde das nicht absolut notwendige Querhaus weggelassen, ja man ging oft sogar soweit, dass man, aller Symmetrie zuwider, nur ein Seitenschiff anbrachte. Türme fehlen in den meisten Fällen, wie bei den Cisterciensern. Umfassende Klosteranlagen dieser Art sind bei der Minoritenkirche zu Danzig und bei St. Katharina zu Lübeck erhalten.

Gleiche Einfachheit, aber wesentliche Verschiedenheit in der Anlage zeigen die Klöster der Kartäuser, welche erst seit dem 14. Jahrhundert in Deutschland vorkommen. Der Zweck des Ordens, das einsiedlerische mit dem Mönchsleben zu verbinden, erfordert grösseres Territorium, weil neben der eigentlichen Klausur, welche das Konventsgebäude nebst dem Kreuzgang in sich begriff, noch ein weiterer rechteckiger Raum mit dem Gottesacker in der Mitte und den einzelnen durch kleine Gärten von einander getrennte Zellen der Mönche auf den Seiten, nebst einem sie verbindenden Kreuzgang, nötig wurde. Auf diese Weise erhielt man zwei Kreuzgangsanlagen. In Deutschland ist die Kartause von Nürnberg (germanisches Museum) die vollständigste Anlage dieser[510] Art. Eine andere findet sich zu Paradeis bei Danzig, zu Köln und Basel. Bei den zwei letzten heisst der eine Kreuzgang: Galilaea minor, der andere Galilaea major. An den letzteren lehnten sich die einzelnen Zellen an, welche der Reihe nach mit Bibelsprüchen bezeichnet waren, deren Anfangsbuchstaben in alphabetischer Reihe aufeinanderfolgen. Die Galilaea minor durften die Mönche nur am Sonnabend betreten, um im Kapitelsaal vor dem Prior zu beichten und ihre Angelegenheiten zu beraten, oder an Festtagen, wenn sie im gemeinsamen Refektorium assen oder sich in dem kleinen Kreuzgange im Gespräche ergingen.

Eine eigentümliche Verschmelzung des Klosterlebens mit dem Kriegsdienste brachten die Ritterorden zustande, unter denen die Deutschritter in Preussen eine hervorragende Bedeutung haben. Der Typus der preussischen Ordensschlösser, wie er sich im 14. Jahrhundert festgestellt hatte, erscheint als ein von Gräben umzogener quadratischer Bau mit Ecktürmen und Ringmauern. Im so gebildeten Hof erhoben sich ein oder zwei Schlösser, welche sich wieder nach einwärts gegen einen Kreuzgang öffneten, der aber, da die Haupträume des Schlosses nie zu ebener Erde lagen, notwendig zwei Geschosse übereinander erhalten musste. Zu den Haupträumen gehörte zunächst die mit dem östlichen Chorende stets nach aussen liegende Schlosskapelle, der Konvents-Remter genannte Kapitelsaal und das Refektorium, welches Speise-Remter hiess. Das Erdgeschoss, unter dem sich in mehreren Etagen übereinander mächtige Keller erstreckten, enthielt lediglich die zur Ökonomie erforderlichen Räumlichkeiten. Völlig übereinstimmend waren auch die Schlösser der Landesbischöfe und Domkapitel eingerichtet. Unter den Ordensschlössern, welche das ganze Land bedeckten, zeichnet sich vorzüglich das ehemalige Hauptschloss zu Marienburg aus, das sich als Sitz des Hochmeisters durch grössere Ausdehnung und Pracht von den übrigen unterscheidet.

Schliesslich wäre noch derjenigen Bauten zu gedenken, welche aus den Klöstern hervorgegangen sind, nämlich der Hospitäler. Ursprünglich besass jedes Kloster ein eigenes Krankenhaus. Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts verlangten aber die zunehmenden Bedürfnisse selbständige Pflegeanstalten, wie sie namentlich die im 13. Jahrhundert von Papst Innocenz bestätigten Brüder vom heil. Geiste erbauten. Diese Hospitäler befinden sich meist an den Eingängen der Städte und wo immer möglich an fliessendem Wasser. Stets sind sie mit einer Kapelle verbunden zur besseren geistlichen Pflege der Kranken. Dergleichen Hospitäler wurden erbaut zu Hildesheim (1155), zu Mainz, Ulm, Berlin, Nürnberg etc. Besonders gut erhalten ist das Spital in Lübeck, ein 280 Fuss langer von allen Seiten reichlich beleuchteter Saal mit beidseitiger Bettenreihe, gegen die Strasse zu durch eine Hallenkapelle abgeschlossen und nördlich verbunden mit einem kleinen Hof mit Kreuzgang und angrenzenden Wohn- und Krankenräumen, südlich mit dem Archiv und der Herrenstube und einem Hofe mit kleineren Wohnräumen. Eine mehr klosterartige Anlage hat dagegen das Nikolaushospital zu Cues an der Mosel, bei welchem sich die Krankensäle und die Zellen der Hospitaliten an die drei Seiten eines Kreuzganges anlehnen, während die vierte von der Kirche eingenommen wird. Nach Otte, Handuch der kirchlichen Kunstarchäologie; Otte, Geschichte der deutschen Baukunst; Lübke, Vorschule zum Studium der kirchl. Baukunst; Mothes Baulexicon.[511]

A. H.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 504-512.
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