Kopfbedeckungen

[524] Kopfbedeckungen. Die Germanen, ja die Goten und alten Deutschen kannten eine Bedeckung des Hauptes kaum. Nach alter Sitte gingen sie barhaupt. Die aufgelegten Kopfhäute erlegter Tiere dienten mehr nur als Kopfschmuck des Kriegers. Allgemein gebräuchlich wurde das Tragen von Hüten und Mützen, überhaupt von Kopfbedeckungen, erst in der Zeit der Renaissance, wenn schon Priester und Vornehme sich ihrer namentlich vom 13. Jahrhundert an häufig, Bürgersleute vereinzelt bedienten. Ja schon vom 10. Jahrhundert an wird bei den Sachsen eines einfachen Strohhutes erwähnt, der als ein flaches Geflecht von Männern und Frauen auf dem Kopfe festgebunden zuweilen getragen worden sein soll. Daneben kannte man die einfache Zeugkappe, die Lederkappe für solche, die des Kopfschutzes bedürftig waren, und die mehr oder minder reich geschmückte Rundkappe für die Vornehmen. Hauptsächlich sind nachstehende Bekleidungsgegenstände genannt.

1. Die Bundhaube, eine enganliegende Kappe, die von beiden Geschlechtern getragen, den Ober- und Hinterkopf dicht umschloss und unter dem Kinn gebunden wurde. Die Bänder waren oft mit breiten Laschen versehen, die bisweilen beide Wangen vollständig deckten. Die Hauben waren gewöhnlich weiss, zuweilen auch rot, grün oder buntstreifig und längs des Randes nach Vermögen geziert. Schon mannigfaltiger gestaltet sind

2. die Mützen des 13. Jahrhunderts, welche als aufgesteifte Rundkappen zwar noch vornehmlich nur zur Reise und Jagd benutzt wurden und daher mit langen Bindebändern versehen waren, dass sie beliebig nach hinten gestreift und so auf dem Rücken hängend getragen werden konnten. Die Mütze trägt schon eine eigentliche Oberkappe, die sich bald halbrund, bald geschwungen spitzig erhebt, bald in der Mitte senkt und dann einen mehr oder minder kostbaren Knopf »ein knöpfelin, ein durchliuchtig rubîn« trägt. Auch der Rand war nicht durchweg glatt, oft zackig ausgeschnitten, oft sechs- oder achteckig umgebogen. Daneben kam die Mütze auch als faltiger Bund vor, der sich aus einem stärkeren Stirnband erhob und den Oberkopf, mit einem breiten Behang auch Hinterhaupt und Schultern bedeckte. Daneben nahm die Mütze oft die seltsamsten Formen an, bis sie im 16. Jahrhundert vom Barett mehr und mehr verdrängt wurde.

3. Des Hutes und zwar des kegelförmigen Spitzhutes findet man schon zur Zeit Karls d. Gr. erwähnt. Im 10. Jahrhundert kam der Strohhut auf, im 11. der Filzhut, dessen Rand ringsum herabhing. Nachdem derselbe im 12. Jahrhundert steif geworden, giebt er dem Hute bald die mannigfaltigsten Formen, ringsum stark oder schwach aufgekrempt, nur vorn oder hinten, oder auch auf einer Seite. Fürstenhüte werden mit dem Kronreif geschmückt oder mit einem Schapel; wo diese fehlen, findet sich eine mehr oder minder geschmackvolle Verbrämung mit Pelzwerk. Frauen- und Männerhüte werden auch mit Pfauenfedern vollständig bedeckt, »pfawen huot«, oder[524] sie werden in weiten Maschen netzartig überstrickt. Der Hut war gleich der Mütze oft mit Bindebändern versehen. Einfache Rundhüte wurden mehr nur von Leuten unterer Stände getragen; der Vornehme trug unter dem eigentlichen Hute auch etwa einen sogenannten Unterzug, der das Hinterhaupt zu decken hatte. Die rasche Verbreitung der Gugel brachte den Hut im 14. Jahrhundert für einige Zeit in Verruf, konnte ihn jedoch nicht bleibend verdrängen, sondern diese trat vielmehr bald in dessen Dienst, indem sie an die Stelle des Unterzuges trat und gleich der Halsberge der Waffenrüstung Hinterkopf und Nacken, ja Wangen und Kinn verhüllte, während der leichte Gugelhut, Kuelhut, als einfacher, schmalkrempiger, gleichmässig gestülpter Rundhut den Scheitel deckte. Durch Karl VII. kommt in Frankreich (um 1430) der oben abgeflachte Rundhut auf, der bald bedeutend an Höhe zunimmt und den Unterhut erst recht zur Ausbildung bringt. Dieser ist ohne Rand, im übrigen von der Form des Oberhutes und bleibt auf dem Kopfe sitzen, wenn beim Gruss oder in Gegenwart von Damen jener abgenommen und an der langen Sendelbinde über die linke Schulter herabgehängt wird. Die Krempe wurde wohl auch in mehrere Lappen geteilt und diese ungleich stark aufgeschlagen, der Cylinder zudem oft auf absonderliche Weise geziert, wie sehr auch die obrigkeitlichen Erlasse und die Mandate der Sittenrichter dagegen eifern mochten. Die Frauenhüte wichen nach Form und Verzierung von den Männerhüten kaum ab; die Hüte der Handwerker und niederen Stände aber behielten auch im 16. Jahrhundert ihre einfache Form bei, als die vornehmen Stände den Hut überhaupt gegen das Barett vertauschten. Dieses geschah zu Anfang des genannten Jahrhunderts, doch in der zweiten Hälfte desselben kam er wieder zu Ehren und zwar zunächst der hohe, gesteifte spanische als vollständiger oder oben ebener Rundhut, dann der französische, unsern Cylinderhüten ähnliche, der niederländische Rubenshut und im 17. Jahrhundert der breitkrempige Schlapphut.

4. Der Schapel, schapel, schappil, schapelin, ist entweder ein natürlicher oder künstlicher Blumenkranz, auch ein Kopfreif von Zeug oder Metall, mit Silber, Gold, Perlen, Schnüren und Troddeln etc. geschmückt. Er kommt im 11. Jahrhundert auf und findet bis ins 16. hinein viele Liebhaber bei beiden Geschlechtern und in allen Altersstufen. Frauen befestigen ihn bisweilen mit einem Kinnband oder verbinden ihn gerne mit dem Gebende, das als ein farbiges Band den Kopf, auch Kinn und Wangen umschloss. Der Schapel ist als Gunstbezeigung namentlich aus dem Minnedienst bekannt.

5. An die Stelle des Gebendes trat oft das Kopftuch, das schleierartig den Kopf einhüllte und dabei auf den Nacken herabfiel. Doch kommt auch der Schleier selbst schon früh vor und neben ihm die Rise, welche länger und schmäler als erstere zwar Gesicht und Hals der Frauen, besonders der Witwen in künstlichen Windungen verhüllte und nur Augen und Nase frei liess, während die Enden in regelmässigen Falten über den Rücken herabhingen.

6. Die Netzhaube bestand aus wollenem, seidenem, auch goldenem oder silbernem Flechtwerk und war meist in Stirnband oder Schapel befestigt. Sie bedeckt bald nur den Oberkopf, bald auch Wangen und Nacken.

7. Das Barett, eigentlich eine aus der Rundkappe durch Erhöhung und Fältelung hervorgegangene Mütze, tritt vereinzelt schon im 10. Jahrhundert auf, kommt aber erst im 15. zu seiner vollen Entfaltung, wo es – wie oben bemerkt – selbst[525] die Hüte und damit alle anderen Kopfbedeckungen für eine Zeitlang verdrängte, wenigstens in den höheren Ständen (den unteren war es mancherorts durch obrigkeitliche Erlasse verboten). Es ist fast durchweg tellerförmig u. zeigt ringsum eine hutartige, gesteifte Krempe, den Rand, der vielen Wandlungen unterworfen ist. Bald ist er ganz und ringsum gleichmässig gebogen, bald geschlitzt, erhöht, verlappt und mit farbigen Stoffen durchzogen. Auch wechselt die anfänglich blaue Farbe des Barettes beliebig. Einfach trugen es die Gelehrten. Der Adel und der vermögliche Bürgerstand hingegen verwendeten alles auf dessen Ausstattung, sodass die Regierungen bestimmte Vorschriften darüber erlassen mussten. So durfte in Niederösterreich um 1518 dieser Schmuck nicht über zehn Gulden kosten. Unter dem Barett trug man nicht selten eine ebenso kostbare Unterkappe.

8. Die Gugel (Gogel) ist eine Kapuze mit Schulterkragen, war anfänglich an Mantel und Kutte befestigt und diente namentlich in den niederen Ständen auf Reisen. Vom 14. Jahrhundert an kommt sie als selbständiges Kleidungsstück vor und zwar bei vornehm und gering, bei Mann und Weib. Sie deckt Kopf, Hals und Schultern und ist oft gezackt und geschwänzt. Sie verschwindet im 15. Jahrhundert.

9. Die Mitra, eine Bischofsmütze, die sich ebenfalls aus der Rundkappe entwickelt hat und schon im 4. Jahrhundert von Vornehmen viel getragen wurde. Zur Bischofsmütze wird sie aber erst im 10., allen gestattet zwar erst im 11. Jahrhundert. Damit begann dann auch die Abänderung der Form, und zwar erhielt sie zuerst von vorn nach hinten über die Mitte eine Einsenkung, dann an eben der Stelle einen Reif, titulus, Schmuckband. Durch eine tiefere seitliche Einsenkung, die bald gerad-, bald bogenlinig geschnitten war, entstand die Doppelmütze, deren Form mehr oder weniger ständig geblieben ist, während die Verzierungen in der mannigfaltigsten Art wechselten. Die Mitra wurde gemeiniglich aus den köstlichsten Seiden- oder Sammetstoffen gefertigt und mit Gold- und Perlenstickerei reich geziert. An ihr unterschied man den Stirnreifen (circulus), den Mittelstreifen (titulus) und die Rückenstreifen (infulae), welch letzterer Name auch der ganzen Mütze beigelegt wurde. Nach den Kirchenordnungen des 13. Jahrhunderts durften die geschmückten Mitren nur an grösseren Kirchfesten getragen werden (in titulo et in circulo), während einfach goldgestickte Mitren ohne Stirnreif (in titulo sine circulo) für gewöhnliche Tage bestimmt waren.

Verschieden von dieser bischöflichen Mitra ist die Tiara des Papstes, ein zuckerhutförmiger Spitzhut, der sich aus bildlichen Darstellungen bis in das 12. Jahrhundert zurück nachweisen lässt. Sie erscheint ursprünglich als ein Flechtwerk aus weissem Stoffe gebildet, mit goldenem Stirnreif geziert, im 13. Jahrhundert mit senkrechten goldenen Streifen ausgestattet und mit Edelsteinen besezt. Durch Bonifacius VIII. wird sie zur Doppelkrone umgestaltet (um 1300), da der Stirnreif, kronenartig gearbeitet, einen zweiten Reif über sich hat. Urban VI. bildete sie (um 1378) zur dreifachen Krone um.

Über die Kopfbedeckung des Kriegers siehe den Artikel Helm. Nach Weiss, Kostümkunde; Müller und Mothes, Archäologisches Wörterbuch.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 524-526.
Lizenz:
Faksimiles:
524 | 525 | 526
Kategorien:

Buchempfehlung

Holz, Arno

Papa Hamlet

Papa Hamlet

1889 erscheint unter dem Pseudonym Bjarne F. Holmsen diese erste gemeinsame Arbeit der beiden Freunde Arno Holz und Johannes Schlaf, die 1888 gemeinsame Wohnung bezogen hatten. Der Titelerzählung sind die kürzeren Texte »Der erste Schultag«, der den Schrecken eines Schulanfängers vor seinem gewalttätigen Lehrer beschreibt, und »Ein Tod«, der die letze Nacht eines Duellanten schildert, vorangestellt. »Papa Hamlet«, die mit Abstand wirkungsmächtigste Erzählung, beschreibt das Schiksal eines tobsüchtigen Schmierenschauspielers, der sein Kind tötet während er volltrunken in Hamletzitaten seine Jämmerlichkeit beklagt. Die Erzählung gilt als bahnbrechendes Paradebeispiel naturalistischer Dichtung.

90 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon