Musikinstrumente

[698] Musikinstrumente: Die Zahl der Musikinstrumente, über welche das Mittelalter verfügte, ist eine überaus grosse. Es wimmelt in den musikalischen Werken des Mittelalters von allen möglichen Namen. Gar viele gehören wohl demselben Instrument an, welches bei oft geringfügiger Formveränderung auch andere Benennung erhielt. Für viele Instrumente fehlen uns bestimmte und zutreffende Nachrichten und auch die vorhandenen sind oft unvollständig und unklar. Die Musiker waren in seltenen Fällen auch Schriftsteller, und sofern sie es doch waren, befassten sie sich in der Hauptsache fast ausschliesslich mit dem Tonsatze und seiner Technik und nur nebenher erlangen wir Aufschluss über das eine oder andere namhaft gemachte Instrument. Für die ersten Zeiten der christlichen Musik geben die Miniaturen noch den besten Aufschluss über Musikinstrumente. Ein umfassenderes Werk über dieselben haben wir erst in dem, Ende des 15. Jahrhunderts von dem Oberkapellmeister König Ferdinands, Namens Tinctoris, bearbeiteten Lexikon. Mehr Ausbeute gewährt uns die »Musica getuscht« von dem Basler Organisten Seb. Virdung, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts lebte und seiner Beschreibung der Musikinstrumente deren Abbildungen in Holzschnitt beifügte. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts erschien von Martin Agricola, Kantor in Magdeburg, ein ähnliches Werk mit vielen Zeichnungen. Ihm schliesst sich Anfangs des 16. Jahrhunderts Michael Prätorius und gegen Ende desselben Johann Matheson in Bild und Wort an. Trotz dieser Quellen bleibt die Bedeutung vieler Namen dunkel und unklar, weshalb im folgenden nur die allergebräuchlichsten Instrumente aufgezählt werden sollen. Näheres ist aus dem »Musikalischen Konversationslexikon« von Mendel u. Reissmann zu erfahren.

Die Instrumente pflegt man gewöhnlich in Saiten-, Blas- und Lärminstrumente einzuteilen. Zu den ersten gehören diejenigen, bei welchen eine Darm- oder Metallsaite durch Schlagen, Streichen oder Reissen zum Tönen gebracht wird. Zu den zweiten alle jene, bei welchen die in einer Röhre enthaltene Luftsäule, welche durch einen von aussen eindringenden Luftstrahl in Vibration, gesetzt wird, der eigentlich tönende Körper ist. Die dritte Gattung wird gebildet durch jene Instrumente, welche sich auf eine blosse Verstärkung und schärfere Markirung der Rhythmen beschränken, also nicht Töne, sondern nur ein »Geräusch« von sich geben.

A) Saiteninstrumente (in alphabetischer Ordnung.)

1. Cythara teutonica ist aus der Harfe entstanden und besteht aus fünf bis sieben Saiten, welche über ein, unserem Geigenkörper in der Form ähnliches, gewölbtes Brett gespannt sind. Die einzelnen Saiten werden durch einen Saitenhalter mit dem Rahmbrett verbunden. Sie kommt besonders seit den Kreuzzügen vor und verdankt ihre Form wahrscheinlich der arabischen dreisaitigen Rebec, Ribible oder Reberbe.

2. Fidel oder Videl wurde im Mittelalter die aus der Rotta entstandene Geige genannt. Das Wort Fidel, mhd. videle, videl, soll von lat. vitulare = springen wie ein Kalb, herkommen und also ein[698] Saiteninstrument zu Sprung und Tanz bedeuten und hat sich in unserer Violine erhalten. Die Fidel war ein ungemein beliebtes Instrument. Ursprünglich (zehntes Jahrhundert) nur einsaitig, entwickelt sie sich rasch zur dreisaitigen kleinen Geige, auch polnische Geige genannt, deren es vier Arten gab: Diskant-, Alt-, Tenor- und Bassgeige. Unterschieden war die kleine Geige von der sogenannten grossen, deren es ebenfalls vier Arten gab, dadurch, dass letztere mehr Saiten, bis zu neun, besass und Bünde zeigte, wie die Laute.

Die Geigen des Mittelalters besitzen keinen Steg und die Saiten liegen sämtlich in einer Ebene. Zugleich hat der Geigenkörper eine mehr mandolinenmässige Form. Man war deshalb gezwungen, auf allen drei Saiten zugleich zu spielen; auf der höchsten die Melodie, auf den anderen die akkordische Ergänzung (Grundton und Quinte). Erst der Anfang des sechszehnten Jahrhunderts brachte den Geigen die gewölbte Decke und den Steg, wodurch der selbständige Gebrauch jeder einzelnen Saite ermöglicht wurde. Dies war das Verdienst von Gaspard Duiffopruggar, der in Bologna geboren ward und der Geige die Gestalt gab, die sie im wesentlichen heute noch hat. In Italien nannte man die Geigen Violen und unterschied zwischen Viola da gamba (Kniegeigen, heute: Violoncello) und Viola da braccio (Armgeigen). Jede dieser Gattungen hatte wieder verschiedene Arten, je nach der Grösse und dem Umfange. Zur Vollendung sollte die Technik der Geige erst durch Antonio Amati (1590–1619), den berühmten Cremonesergeigenbauer, gelangen.

3. Hackbrett. Dasselbe wurde schon im neunten Jahrhundert geübt. Der Klangkörper ist ein, mehrere Fuss breiter und langer Kasten, der je nach der Saitenlänge sich verkürzt. Häufig findet man ihn später in eleganterer Form mit gewölbtem Resonanzboden. Auf dem letzteren, welcher mit zwei Schalllöchern versehen ist, sind die Saiten gezogen und zwar Metallsaiten, welche durch Wirbel gestimmt und mit hölzernem Klöppel angeschlagen werden. Der Ton ist scharf und durchdringend, weshalb das Instrument namentlich bei ländlichen Tänzen verwendet wurde. Anfangs hatte es nur einen beschränkten Umfang von vier oder fünf Tönen und war nur einchörig, d.h. für jeden Ton war nur eine Saite vorhanden; später erreichte es einen Umfang von vier Oktaven in dreichörigem Bezuge. Künstlerisch bedeutsam wurde es nur insofern, als es einen Theil seiner Mechanik dem Klavichord lieh.

4. Die Harfe, ahd. harafa, mhd. harpfe, dunkler Herkunft, ist unstreitig das älteste Instrument. Über die Form, welche die Harfe in der frühesten Zeit ihrer Verwendung beim Gesang hatte, sind wir zwar nicht unterrichtet, doch darf man annehmen, dass sie der einfachen Spitzharfe glich, einem dreieckigen hölzernen Rahmen mit quer aufgespannten Saiten. Sie durfte nur von mässiger Grösse und leicht tragbar sein, sodass sie der Spieler ohne Anstrengung im Arm halten und auch an einen andern weiter geben konnte, denn bei den Gastmahlen wurden Rundgesänge ausgeführt. In der Regel wurde die Harfe mit den Fingern geschlagen oder gerissen, seltener wohl mit einem Plektrum. Bei Begleitung von Massengesängen scheint eine mehrchörige Harfe in Anwendung gewesen zu sein. Die Saiten sind unten mittelst Saitenhaltern befestigt, nicht wie bei der Spitzharfe im Rahmen.

5. Klavichord. Dasselbe entstand aus Verbindung des Hackbretts und[699] des Monochords. In einem Kasten, der wie beim Hackbrett die Form eines Rechtecks hatte, befindet sich der Stiftstock und der Wirbelstock, jener mit feststehenden Stiften, an welche die Saiten aus Messingdraht angehängt waren, dieser mit Wirbeln, vermittelst welcher die Saiten gestimmt wurden. An Stelle der Klöppel, mit denen die Saiten beim Hackbrett erklingen gemacht wurden, traten Metallzungen, die am Ende eines Hebelarms, in welchen jede niederzudrückende Taste (Claves) ausgeht, aufrechtstehend angebracht waren, sodass sie die betreffende Saite anschlugen und dadurch ertönen machten. Anfangs waren nicht so viel Saiten vorhanden als Töne, und die Tasten hatten zugleich den Zweck die Saiten abzuteilen. Allein musste das äusserst störend sein und man kam denn auch bald dazu, für jeden Ton eine eigne Saite aufzuziehen.

Das Instrument beschränkte sich noch zu Prätorius Zeit auf 20 Töne, »allene in genere diatonico gemacht, darunter nur zweene schwartze Claves, das ♭ und ♮ gewesen.« Später nahm die Zahl der Claves immer mehr zu, und schon Virdung kennt »neuwer Clavicordia mit 4 Oktaven.« Gewöhnlich war in späterer Zeit die Besaitung dreichörig, d.h. jede Saite war drei Mal vorhanden, dabei waren auch etliche Chöre, die »gar kein Schlüssel« (Taste) anrührte, die nur da waren, die Resonanz zu verstärken. Die untern Chöre waren mit Messing-, die oberen mit Stahlsaiten bezogen. Zwischen den Saiten zog sich auch schon, wie Virdung berichtet, ein »Zötlein von Wellentuch« hin, um das Nachtönen zu verhindern. Schon im Anfange des sechszehnten Jahrhunderts verwandte man auf die Ausschmückung dieses Instruments bedeutende Sorgfalt.

6. Klavicymbalum unterscheidet sich vom Klavichord dadurch, dass bei ihm, statt der Metallzungen, auf die Stäbchen stehende Rabenkiele an dem Ende des Hebelarmes der Taste angebracht waren, durch welche die Saiten in ähnlicher Weise erklingen gemacht wurden, wie die Saiten der Streichinstrumente beim Pizzicato.

Auf gleiche Weise war das Klavicyterum konstruiert, nur dass statt der metallenen, Darmsaiten angewendet wurden. Saiten und Resonanzboden standen aufrecht und das Instrument hatte nach Prätorius »eine Resonanz fast der Zithern oder Harffen gleich.« Das Bedürfnis, einen stärkeren Ton zu gewinnen, führte dazu, das Klavicymbalum, auch Gravecymbalum genannt, sogar vierchörig zu beziehen. Nach Prätorius war es ein »länglicht Instrument und wurde von etlichen ein Flügel, weil es fast also formieret ist, genannt: Von etlichen sed male ein Schweinskopff, weil es so spitzig, wie ein wilder Schweinskopf fornen an zugehet.« Er bezeichnet es ferner als ein Instrument »von starkem, hellem fast lieblichen Resonantz und Laut, mehr als die andern, wegen der doppelten, dreifachen, ja auch wohl vierfächtichen Saitten.« Aus dem Klavicymbalum, das anfänglich auch nur aus 20 Tönen bestand, entstand das Klavicymbalum universale seu perfectum. Immer aufs neue waren nämlich Versuche gemacht worden, auch auf den Tasteninstrumenten die Enharmonik darzustellen, dis und es, cis und des u.s.w. zu unterscheiden. So erzählt Prätorius von einem derartigen Instrument, welches »in vier Oktaven von C bis Musikinstrumente in alles 77 Claves gehabt hat.«

7. Klaviorganum. Dasselbe hatte neben den Saiten noch einige Register Orgelpfeifen, welchen durch die hinten angebrachten Blasebälge[700] Luft zugeführt wurde. Im übrigen entsprach es ganz dem Klavicymbel.

8 Geigenklavier. Bei demselben sind die Stöckchen, durch deren Anschlagen an die Saiten beim Klavichord der Ton erzeugt wird, durch kleine, mit Pergament überzogene und mit Kolophonium überstrichene Räderchen ersetzt, welche wiederum durch ein grosses Rad und unterschiedene Rollen, unter dem Sangboden liegend, im vollen Schwunge gehend, erhalten werden. »Wenn nun,« berichtet Prätorius, »ein Claves fornen niedergedrückt wird, so rühret dieselbige Saite an der umblaufenden Räder eines und giebt den Resonantz von sich gleich als wenn mit einem Bogen drüber gezogen würde.« Prätorius erzählt zugleich, dass das Instrument von Hans Heyden in Nürnberg erfunden worden sei, zur besseren Nachahmung der Singstimmen, und um den Ton zu halten. Die neuern Versuche dieser Art sind unter den Namen Klaviergamba, Bogenklavier u.s.w. bekannt.

9. Laute, mhd. laute und lûte, aber erst im fünfzehnten Jahrhundert geläufig; das Wort kommt mit dem Instrument aus Frankreich, wo es französisch luth, altfranzösisch leút, provenz. laút, ahut, italienisch liúto, leúto, liúdo, lautet, Namen, welche aus spanisch laúd, portugiesisch alaúde stammen, die ihrerseits wieder ihren Stamm in arabisch (mit dem Artikel al) al'ûd, alaûd finden = Aloeholz, gekrümmtes Holz, Laute. Mit Laut und Lied hat also das Wort nichts zu thun. Sie machte im sechszehnten Jahrhundert allen andern Saiteninstrumenten den Rang streitig. Schon im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert war sie als fünfsaitiges mandolinenartiges Instrument beliebt. Der sogenannte Lautenkörper – »Bauch« – oder auch Corpus genannt, ist bei weitem mehr gewölbt, als der der Streichinstrumente oder unserer Guitarre, mit dem das Instrument noch die meiste Ähnlichkeit hat. Der Lautenkörper ist augenscheinlich der Schildkrötenschale oder einem halben Kürbis nachgebildet, welche ursprünglich zu diesem Instrument verwendet wurden.

Virdung giebt in seiner Schrift eine Abbildung der mittelalterlichen Lauten. Die Saiten sind unten an einem Saitenhalter befestigt, oben in dem sogenannten Kragen, der zurückgebogen ist. Das Griffbrett ist mit Querleistchen versehen, den sogenannten »Bünden,« vermittelst welcher die Griffe für die verschiedenen Töne abgegrenzt wurden, ähnlich wie beim Monochord. In der Regel war die Laute des vierzehnten Jahrhunderts schon mehrchörig bezogen, so dass die Saiten für den einen Ton in doppelter Zahl vorhanden waren. Nach Prätorius hatte sie im fünfzehnten Jahrhundert vier und dann fünf Chöre. Virdung berichtet, dass etliche Lautenisten auf neun Saiten in fünf Chören spielen, andere wieder auf elf Saiten in sechs oder auf dreizehn Saiten in sieben Chören, woraus geschlossen werden kann, dass nur ein Teil der Saiten doppelt vorhanden war. Die drei tiefsten Saiten hiessen: Grossbrummer, Mittelbrummer und Kleinbrummer. Man gab ihnen gewöhnlich oben die Oktave bei: »weil sye grob und gross synd, So mag man sye doch nit so laut oder so stark hören clyngen als die claynen, oder die hohen, darum gibt man ihnen Oktaven zu«, sagt Virdung. Der vierte Chor wird mit zwei Messingsaiten, die im Einklang gestimmt sind – die Grosssangsaite – bezogen und ebenso der fünfte, die Kleinsangsaite, dann folgt die Quintsaite, die nur einfach aufgezogen ist. Eines Normaltons bedurfte man in jener Zeit noch nicht und Agricola lehrt deshalb:[701]

»Zeuch die Quintsait so hoch du magst; dass sie nicht reisst, wenn Du sie schlagst.« Die Laute diente ursprünglich nur zur Begleitung des Gesanges. In der Regel wurden die Saiten mit dem Finger gezwickt. Erst später wurde die Laute zu einem selbständigen Instrument und gelangte namentlich im achtzehnten Jahrhundert neben dem Klavier zur Herrschaft.

10. Die Lyra war ein drei- oder mehrsaitiges Instrument, welches mit dem Plectrum geschlagen wurde. Im übrigen gleicht es vollkommen der Harfe.

11. Das Monochord. Dasselbe bestand aus einem Resonanzkörper, über welchem eine Saite gespannt war, deren klingender Teil vermöge eines beweglichen Steges verkürzt werden konnte, je nach dem Verhältnis des zu erzeugenden Intervalls. Auf der Decke des Resonanzkastens waren die Stellen, nach denen der bewegliche Steg geschoben werden musste, um den betreffenden Ton zu erhalten, genau angegeben.

Das Monochord fand in den Klöstern zunächst und zwar schon vor Guido von Arezzo, beim Gesangsunterricht Anwendung, um die Schüler anzuleiten, die Intervallenverhältnisse zu unterscheiden und rein singen zu lernen. Da es sich dann als notwendig erwies, dem Schüler die acht Tonstufen jedes Kirchentones deutlicher zu machen und einzuprägen, kam kurz nach Guido die sogenannte vierteilige Figur des Monochords in Gebrauch, bei dem auf dem obern Brett des Resonanzkastens eine vierfache Skala für die Bewegung des Steges angebracht war, so dass jede Saite, deren man entsprechend nur vier aufzog, die Verhältnisse des zugehörigen Kirchentons in authentischer und plagaler Führung angab. Auch führte man schon frühe, ähnlich wie beim Organistrum, eine Klaviatur ein, wodurch das Aufstellen und Umlegen der Stege erspart wurde. Das Monochord wandelte sich später in das Klavichord um.

12. Organistrum. Dasselbe ist aus der Rotta entstanden, indem man statt des Fidelbogens ein Rädlein anbrachte, welches die Saiten strich. Auch hier mag die oberste Saite melodieführend gewesen sein, welche, wie aus Abbildungen zu ersehen ist, durch Tasten (Claves) in längere und kürzere Teile abgeteilt werden konnte. Das Instrument heisst seit dem Ausgang des zwölften Jahrhunderts auch Symphonie oder Chifonie, wahrscheinlich weil es, in der Art des Organums Hucbalds, der Mehrstimmigkeit diente. Anfangs scheinen zwei Personen, die das Instrument auf dem Schosse liegen hatten, zur Bedienung desselben nötig gewesen zu sein. Die eine drehte das Rad, während die andere die Stege aufhob und niederlegte. Im sechszehnten Jahrhundert war das Instrument eines der beliebtesten, nachher sank es zur sogenannten Bettlerleyer herab und wurde verachtet und vergessen.

13. Quintern: eine Abart der Laute

14. Rotta. Dieselbe ist eines der ältesten Instrumente. Die erste Form desselben, Crotta genannt, war eine Art Lyra, die mit dem Plectrum gerührt wurde. Aus dem Plectrum hatte sich nach und nach der Geigenbogen entwickelt. Die Zahl der Saiten soll ursprünglich 6, später 3 betragen haben. Später glich die Rotta mehr einer Mandoline. Die Saiteneinbuchtungen unserer Violine fehlten also und der Bogen musste infolge dessen, da auch kein Steg vorhanden war, über alle Saiten zugleich gezogen werden; so tönte dann wahrscheinlich neben der auf der ersten Saiten gespielten Melodie stets der Grundton und vielleicht auch die Quinte nach Art eines Dudelsackes mit. Aus der Rotta[702] entwickelte sich einerseits das Organistrum, anderseits die Fidel.

15. Rebec, Ribible oder Reberbe ist ein durch die Kreuzzüge vermitteltes arabisches dreisaitiges Instrument von der Form der Cythara teutonica.

16. Rybeben nannte man die Grossgeigen (siehe Fidel).

17. Scheitholtz entsand direkt aus dem auf 3–4 Saiten erweiterten Monochord. Weder Virdung noch Agricola erwähnen desselben, und auch Prätorius zählt das Scheitholtz »unter die Lumpeninstrumente«, giebt indessen darüber eine Beschreibung, wonach das Instrument aus einem Holzkasten mit 4 eingespannten Saiten bestand, »darunter 3 in Unissono uffgezogen, die eine aber unter denselben, in der mitten mit einem Hacklin also niedergezwungen wird, dass sie umb eine Quint höher resonniren muss.« Auf der 4. Saite wurde die Melodie gespielt.

18. Spinett. Dasselbe ist eine Abart des Klavichords. Es war im 16. Jahrhundert gebräuchlich, hatte nnr drei Oktaven Umfang und war einchörig mit messingenen Saiten bezogen. Nach Prätorius war es »umb eine Oktave oder Quint höher gestimmt, als der rechte Thon.«

19. Das Trummscheit hatte eine ähnliche Konstruktion, wie das Scheitholtz, »Uff der grobsten Saite aber wird mit dem anrühren des Daumens die rechte Melodey, gleichwie ein rechter Clarin uff einer Trummet, zu wege bracht, also, dass es nicht anders lautet, als wenn vier Trumtler miteinander bliesen.«

20. Virginal nannte man in England eine Abart des Klavichords oder Klavicymbels.

B. Blasinstrumente.

1. Alphorn. Dasselbe war namentlich im Süden gebräuchlich. Schon früh wurden die Alphörner dadurch gewonnen, dass man junge Tannenbäumchen ausbohrte und an der weiten Öffnung mit einem Schallbecher versah. Das Instrument, das bei gehöriger Länge (5–6 Fuss) einen starken Ton giebt, wurde zugleich als Signalhorn benutzt und auch aus andern Stoffen gearbeitet. Es erzeugte so die lange Trompete in der Form, wie sie in den Psalmenbüchern häufig als Gerichtsposaune abgebildet ist. Das Instrument kommt auch in etwas gebogener Form vor und erzeugte so die Zinken und Krummhörner.

2. Die Clareta besteht aus einer gewundenen ungelöteten Metallröhre. Sie gehört zu der Gattung der Trompeten.

3. Dudelsack (siehe Sackpfeife).

4. Das Fagott kam im 16. Jahrhundert auf und hiess dazumal auch Dolcian. Den ersten Anstoss dazu gab ein von dem Domherrn Afranio konstruiertes Instrument: »Phagotum«. Dasselbe bestand aus zwei cylindrischen, mit Klappen und Tonlöchern versehenen grösseren und zwei zwischen ihnen stehenden kleinern Röhren, die unter sich sämtlich durch Windkanäle verbunden waren. Ein Blasbalg führte ihnen, wie bei der Orgel, die Luft zu. Wann die Umwandlung des so konstruierten Instruments zum Fagott erfolgte, ist nicht bekannt; doch wird von einem der ältesten Pfeifenmacher, Sigmund Schnitzer, gerühmt, dass er auch vortreffliche Fagotte bis zu ausserordentlicher Grösse verfertigte.

5. Feldtrompete, siehe Trompete.

6. Die Flöte, mhd. flöite, vloite, aus altfranzösisch flahute, flaüte, von flaüter = die Flöte blasen, woraus mhd. vloitieren entstanden ist; die Wurzel ist lateinisch flâtus = das Blasen.

a) Die Langflöte wurde so geblasen wie unsere Klarinetten oder Oboen und kam als Diskant-, Alt-, Tenor- und Bassflöte vor. Das Instrument ist augenscheinlich aus der einfachen Pfeife hervorgegangen. Von den acht Tonlöchern[703] ist das unterste doppelt vorhanden, weil ein Bläser die rechte, ein anderer die linke Hand unten hielt, und dem entsprechend wurde das eine oder andere mit Wachs verklebt. Für die Bassflöte war eine Klappe angebracht, die vom kleinen Finger sowohl der rechten wie der linken Hand erreicht werden konnte.

b) Die Querflöte, die wie unsere heut üblichen Flöten geblasen wurde, auch Schweizerpfeife genannt, war ebenfalls in den vier Arten der Diskant-, Alt-, Tenor- und Bassflöte vorhanden. Der Umfang jeder einzelnen erstreckte sich auf zwei Oktaven, und auch die Art der Technik war dieselbe, wie bei den Lang- oder Schnabelflöten. Im 18. Jahrhundert verdrängte die Querflöte die Langflöte gänzlich. Des bequemeren Transportes halber wurde sie in drei Stücke zerlegt. Dabei entdeckte man, dass darin zugleich ein Mittel gewonnen war, die Stimmung des Instrumentes zu reguliren.

7. Die Hoboe, die ganz direkt aus der Schalmei hervorging, gelangte erst im 18. Jahrhundert zu umfassender Verwendung.

8. Das Krummhorn (Kromphorn) ist eine besondere Art Pfeife, welche durch Umbiegung des einen Endes aus dem Alphorn entstanden ist. Es kommt gleichfalls in den vier Arten als Diskant-, Alt-, Tenor- und Basskrummhorn vor. Der Umfang reichte nicht über eine Oktave. Trotzdem war das Krummhorn im 16. Jahrhundert sehr beliebt und fehlte in keiner Kapelle.

9. Orgel, ahd. orgela neben organa (mit Übergang vom n in l), mhd. orgel neben vereinzeltem orgen, aus griechisch-lat. organum = jedes Werkzeug, dann insbesondere die Wasserorgel. Die Orgel ist in ihren Grundzügen ein Vermächtnis des Altertums, wo die Wasserorgeln bereits eine bedeutende Entwicklung erlangt hatten. In Deutschland indessen fanden nicht die Wasserorgeln der Römer, sondern die pneumatischen der Byzantiner Eingang. Wiederholt wird erzählt, dass byzantinische Kaiser nach Deutschland solche Orgelwerke verschickten. So soll bereits Kaiser Constantin Copronimus dem Frankenkönig Pipin dem Kleinen eine Orgel zum Geschenk gemacht haben, welche dann, wie der St. Galler Mönch berichtet, von den Werkleuten nachgeahmt wurde. Im Laufe des 10. und 11. Jahrhunderts werden die Orgeln allgemeiner. Sie fanden in den Kirchen beim Gottesdienst Eingang, wenn auch noch nicht als unentbehrliches Instrument. Diese Orgeln muss man sich freilich als im Tonumfang beschränkte und sehr plumpe schwerfällige Instrumente denken. Die Tasten waren noch mehrere hundert Jahre später oft 4–5 Zoll breite schaufelförmige Claves, plumper als unser Pedal. Der Organist musste die Orgel deshalb mit Fäusten schlagen oder mit den Ellenbogen niederdrücken. Die Pfeifen waren nach der diatonischen natürlichen Skala gereihet. Der Umfang stieg von einer Oktave bis 21 Töne. Dass die Orgeln schallstark gewesen, ist wohl anzunehmen. Über dem Klang der Orgel im Münster zu Aachen sollen sogar Weiber in Ohnmacht gefallen sein. Eine Riesenorgel liess Bischof Elfegg bauen. Sie hatte 400 Pfeifen und 26 Blasbälge, zu deren Regierung 70 starke Männer nötig waren, die, wie der Berichterstatter schreibt, ungemein schwitzten. Das Orgelspiel wurde von zwei Organisten besorgt, deren jeder seine eigene Oktave regierte. Man begnügte sich also nicht mit zweistimmigem Spiele, sondern spielte auch drei- und vierstimmig. Das ganze Werk hatte nur 10 Töne, so dass 40 Pfeifen auf einen Ton kamen und einen wahren, mit dem Getöse des einströmenden Windes vermischten Donnerspektakel verführten. Insgemein indessen waren die Orgeln weit entfernt, solch grosse[704] Werke zu sein. »Es waren,« um mit Prätorius zu reden, »solcher Invention und Erbauungen keine grossen, sondern gar kleine Werke, so stracks an einen Pfeiler oder in die Höhe des Chores als Schwalbennester gesetzt worden sind und scharff und stark geschrien und geklungen haben.« Da es für etwas Schönes galt, die Quinte oder Quarte stets mittönen zu lassen, so ist nicht unmöglich, dass, um nicht immer zwei oder drei Tasten niederdrücken zu müssen, schon sehr früh die sogenannten Mixturen erfunden wurden, bei welchen zum angeschlagenen Ton dessen Oberquinte und hohe Oktave mittönt.

Vom 14. Jahrhundert an verbesserte sich der Mechanismus der Orgeln wesentlich. Die Tasten wurden schmäler gemacht und dadurch nicht nur die Spielbarkeit erleichtert, sondern auch die Möglichkeit gegeben, den Umfang zu erweitern. Ein bedeutsamer Fortschritt war ferner die Erfindung des Pedals, die man dem, in Venedig von 1445–59 als Organist thätigen Bernhard dem Deutschen zuschreibt.

Während die Orgeln früherer Zeit sich zumeist auf die Töne der diatonischen Tonleiter beschränkten, begann man schon im 13. Jahrhundert die chromatischen einzuschieben. Im 14. Jahrhundert wurde in Halberstadt eine Orgel erbaut, welche im obersten Manual (damals Diskant genannt) 14 diatonische und 8 chromatische, im Ganzen 22 Töne hatte. Berühmte Orgelbauer des 15. Jahrhunderts waren Konrad Rothenburger, Heinrich Kranz, Traxdorff etc.

Als besondere Arten von Orgelwerken werden von Virdung das Portativ, das Positiv und das Regal genannt, die sich nur in ihrer Grösse und der Anzahl der Stimmen (Register) von einander unterschieden. Dem Positiv, einer kleinern Orgel mit meist nur zwei Registern, fehlt in der Regel das Pedal oder es ist nicht selbständig dem Werk beigefügt, sondern nur dem Manual angehängt. Das Portativ war ein kleineres tragbares oder doch versetzbares Positiv, in der Regel mit nur einem Register und einer Oktave Umfang. Das Regal war ein noch kleineres Werk, in der Regel mit nur einer Zungenstimme, daher heisst auch ein Zungenregister unserer Orgeln noch Regal.

10. Die Racketten waren den Fagotten ähnlich, nur viel kürzer. Da die innere Röhre neunfach zusammengelegt war, so gaben sie so tiefe Töne, wie das grösste Doppelfagott. »Sie haben viele Löcher, aber nicht mehr als Elffe zu gebrauchen«, sagt Prätorius, »an Resonantz seyend sie gar stille, fast wie man durch einen Kam bläset und haben keine sonderliche gratiam.«

11. Rauschpfeife. Sie unterscheidet sich von der gewöhnlichen Pfeife dadurch, dass das Mundstück nicht direkt an das Rohr gesetzt ist, sondern in das sogenannte Kopfstück, das als Mittelstück zwischen Mundstück und Rohr tritt. Die Rauschpfeife ist der Urahn der Oboen und Klarinetten. Die Rauschpfeifer zogen meist in Gesellschaft der Dudelsackspfeifer, um Tänze aufzuspielen.

12. Regal (siehe Orgel).

13. Sackpfeife oder Dudelsack war schon frühe bekannt und diente zum Begleiten des Tanzes. Sie besteht aus einem Schlauch, einem Ansatzrohre und einer oder mehreren andern Röhren. Vermittelst des Ansatzrohres bläst der Sackpfeifer Luft in den Schlauch, den er mit dem Arm so bearbeitet, dass die Luft in die gegenüber am Schlauch angesetzte Schalmei treibt; diese ist mit sechs oder sieben Tonlöchern versehen, die, um Töne von verschiedener Höhe und Tiefe zu erzeugen, geschlossen oder geöffnet werden, wie bei der Flöte; auf dieser Schalmei spielt der Sackpfeifer seine Melodie. Ausserdem sind noch eine oder zwei[705] Röhren angebracht, die nur je einen Ton geben, den sie ununterbrochen fortsummen; sie heissen deshalb: Summer, Hummeln, Stimmer, Bourdons. Ihr Ton bildet in derselben Weise eine Art Bass zur Melodie, wie wahrscheinlich die verschiedenen Saiten beim Organistrum. Das Instrument war seit dem 14. Jahrhundert unstreitig das beliebteste zur Regelung des Tanzes. Noch im 17. Jahrhundert waren mehrere Arten Sackpfeifen im Gebrauch, die Prätorius beschreibt. Sie führten verschiedene Namen: Der Bock mit einem grossen langen Horn als Summer, die Schaberpfeiff mit zwei Summern, das Hümelchen, ebenfalls mit zwei, der Dudey aber mit drei Summern u.s.f.

14. Die Schalmei ist ursprünglich eine einfache Röhre, der man erst später ein Mundstück ansetzte, welches dann durch 2 Rohrblätter ersetzt wurde, die man in eine besondere Kapsel steckte.

15. Schwegel ist die älteste Form der Pfeife. Nach einem alten Glossar einer Strassburger Handschrift bedeutet Schwegel den Teil des Beines eines Tieres vom Knie bis zum Fuss und zugleich die daraus bereitete Pfeife. Die ältesten Pfeifen bestanden also aus dem Schienbeinknochen bestimmter Tiere. Andere Glossarien übersetzen Sweguld mit Sambucca (Hollunder) oder mit balmus, so dass man annehmen muss, diese Pfeifen oder Flöten seien aus dem Rohr verschiedener Pflanzen gefertigt worden. Später nennt man die Schwegeln Querflöten, Zwerchpfeifen oder Schweizerpfeifen.

16. Trompete, mhd. trumpet und trumet, entlehnt aus franz. die trompette, dem Diminutiv von ital. die tromba; aus demselben Worte kommt mhd. die trumme, trumbe, auch trumpa, ursprünglich soviel als Trompete, Posaune, dann Trommel. Dieselbe hatte schon im 15. Jahrhundert im wesentlichen dieselbe Form wie heute. Die Feldtrompete ist eine gewundene und zusammengelötete Röhre mit Mundstück und Schalllöchern. Anders gewunden ist die Klareta und wieder anders das Türmerhorn. Die Posaune hat ebenfalls bis in unsere Zeit die Form behalten, welche sie damals schon hatte.

17. Wasserorgel. Dieselbe entstand dadurch, dass man den in Stössen aus dem Blasebalg ausströmenden Wind durch einen Wasserbehälter strömen liess, damit er sich dort reguliere, bevor er in die Pfeifen eintrete. Erfunden wurde die Wasserorgel schon von dem griechischen Architekten Ktesibius.

18. Die Zinken waren bereits im 15. Jahrhundert in den Stadtpfeifereien meistenteils in mehrfacher Anzahl vorhanden. Die Zinken sind aus der Schalmei entstanden und erscheinen entweder als gerade oder krumme Zinken. Ihre Konstruktion unterscheidet sich wenig von der der Schalmei.

19. Zwerchpfeifen siehe Flöte.

C. Lärminstrumente.

1. Trommeln kamen schon bei den Germanen zur Anwendung, zur Unterstützung des Tanzes. Im allgemeinen hatten sie dieselbe Gestalt wie heute und wurden gleichfalls mit 2 Schlägeln geschlagen. Eine abweichende Behandlung zeigt das Taborum, eine kleine Trommel, welche an einem Bande um den Hals getragen wurde.

2. Die Cymbeln, Metallplatten, die aneinandergeschlagen wurden, hatten die gleiche Form wie heute.

3. Das Tintinabulum (Rota cymbalum) war ein aus radförmig zusammengestellten Glocken bestehendes Instrument, mit welchem fleissig auch in der Kirche geklingelt wurde.

4. Tympanum. Nach Abbildungen des 9. und 10. Jahrhunderts zu schliessen, bestand dasselbe aus einer Metallplatte, welche meist an einem Bande um den Hals getragen und[706] mit einer Art Plektrum geschlagen wurde.

Meist nach Reissmann: Illustrierte Geschichte der deutschen Musik.

A. H.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 698-707.
Lizenz:
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698 | 699 | 700 | 701 | 702 | 703 | 704 | 705 | 706 | 707
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