[60] S. Emmeramus (Emmeranus), Ep. M. (22. Sept.) Der hl. Emmeram wurde – wie sein Biograph, Bischof Aribo von Freising, erzählt – zu Poitiers (Pictavium) in der ehemaligen Landschaft Poitou in Aquitanien (im Westen von Frankreich) geboren, und ist seiner Kenntnisse und Frömmigkeit wegen zur bischöflichen Würde gelangt, ohne gerade, wie es scheint, einen festen Sitz gehabt zu haben11. Mit brennendem Eifer für Gott und das Heil unsterblicher Seelen wanderte er umher, die beseligende Lehre des Christenthums zu predigen, suchte verstockte Sünder sogar in ihren Häusern auf, und führte sie durch seine flammende Beredsamkeit zur Buße zurück. Aus Verlangen nach dem Martyrthum verließ er dann später sein Vaterland, um den Avaren in Pannonien (einer großen Landschaft an der Donau und Theiß) das Evangelium zu predigen. Allein nach Gottes Rathschluß sollte Bayern der Schauplatz seiner apostolischen Thätigkeitseyn, wohin das Christenthum wohl schon seit einigen Jahrzehnten gekommen war, aber den Götzendienst noch lange nicht ganz überwunden hatte. Er kam im J. 649 nach Regensburg, und fand bei Herzog Theodo I. die freundlichste und ehrenvollste Aufnahme. Derselbe gab sich nun alle Mühe, den heil. Glaubensprediger sich und seinem Lande zu erhalten, indem er ihm vorstellte, welch fruchtbaren Boden er für seine Himmelssaat in Bayern fände, während bei den Avaren alle Mühen fruchtlos wären, und er nur Marter und Tod zu erwarten hätte. Dem hl. Emmeram gefiel Land und Volk, und er blieb zur großen Freude des Herzogs zurück, zwar nicht als ordentlicher Bischof von Regensburg, aber er wirkte doch drei Jahre, in Städten, Flecken und Dörfern das Evangelium verkündend. Im Winter hielt er sich mehr in Regensburg auf, wo die Kapelle des hl. Georg, damals noch außerhalb der Stadt, seine Kathedrale war,[60] in welcher er predigte, taufte und das heil. Opfer feierte. Und wenn die Frühlingssonne sich zeigte und die Wege gangbar machte, nahm er seinen Stab, und wanderte in die Gegenden der Altmühl, Laaber und Naab, zog von Dorf zu Dorf, von Hütte zu Hütte, durch die dichtesten Wälder, verkündete die süße Jesuslehre, warf die Götzenbilder nieder und pflanzte das Zeichen der Erlösung auf. Unzählige Bekehrungen waren die Frucht seiner apostolischen Arbeiten. Drei Jahre nachher wollte er nach Rom, um die Gräber der Apostel und Martyrer zu besuchen. Vor seiner Abreise geschah es, daß Uta (Utta), die Tochter des Herzogs Theodo, und ihr Verführer Sigibald, ein junger Edelmann, zu seinen Füßen sich warfen, ihm ihr Vergehen gestanden und um Rath baten, wie sie dem Zorne des Herzogs ausweichen könnten. Welchen Rath der hl. Emmeram gab, wissen wir nicht; aber gewiß that er, was seines Amtes war, und es muß daher sicherlich die Volkssage – als hätte der Heilige der Prinzessin, um sie von dem Tode zu retten, erlaubt, die Unthat auf ihn, den Abwesenden, zu werfen – als falsch und widersinnig zurückgewiesen werden, da ein solcher Rath höchst unklug, ja ganz unrecht und unerlaubt gewesen wäre. Indessen kam drei Tage nach Emmeram's Abreise Uta's Vergehen an den Tag, und die Schuldige hat, wie Aribo weiter erzählt, den heil. Bischof bei ihrem entrüsteten Vater als Verführer angegeben, wahrscheinlich von Sigibald verleitet, und vielleichtinder Meinung, Emmexam sei von etwaigen Verfolgern nicht mehr zu erreichen. Auf die Kunde von diesem Vergehen ward Uta von ihrem Vater enterbt und nach Italien verbannt, wo sie in Trauer und Buße ihre Tage beschloß. Sigibald soll sich geflüchtet und ein trauriges Ende genommen haben. Aber Uta's Bruder, Lambert (Landbert), schwur Rache dem heil. Bischof, dem vermeintlichen Verführer seiner Schwester, eilte ihm mit einer Schaar Bewaffneter nach, und traf ihn bei Helfendorf12, nicht weit vom heutigen München, wo er mit seinen zwei schon aus Frankreich mitgenommenen Begleitern Vitalis und Wolflete (Wolfleck, Wolflet) neben einer Quelle rastete, mit ihrem klaren Wasser sich labte und eben sich anschicken wollte, die kirchlichen Tagzeiten zu beten. Lambert gerieth bald so in Wuth, daß er die männliche, aber ruhige Vertheidigung Emmeram's nicht mehr hörte und würdigte, sondern Befehl gab, ihn auf eine Leiter zu legen, dann auf einen Stein zu tragen und ihm Glied für Glied vom Leibe zu schneiden. Taub gegen alles Bitten, stachen die Unmenschen nun dem hl. Emmeram zuerst die Augen aus, schnitten ihm die Nase, die Ohren, die Hände und zuletzt die Füße ab, und ließen ihn so verstümmelt in seinem Blute liegen. Seine Gefährten hatten Landleute herbeigerufen; diese verbanden den gräßlich Verwundeten, legten ihn auf einen mit Ochsen bespannten Wagen, und führten ihn 3 bis 4 Stunden zurück auf dem Wege, woher er gekommen, nach Aschheiman der Isar, wo damals ein herzoglicher Hof war. Unterwegs, ganz nahe bei dem heutigen Dorfe Aschheim, starb der hl. Emmeram unter Gebet und Segnung seiner Wunden, sowie derer, die sie ihm geschlagen, am 22. Sept. 652. An dem Platze, wo er gestorben, ward der Mann Gottes auch begraben13. Aber nicht lange währte es, so kam zu Regensburg an den Tag, wer der wirkliche Verführer der herzoglichen Prinzessin sei, was dem Vater derselben vielen Jammer bereitete. Uta war verstoßen, Lambert wurde seiner Grausamkeit wegen nach Ungarn verbannt, wo er auch starb. Den hl. Martyrer Emmeram aber wollte der Herzog ehren vor aller Welt; darum wurde beschlossen, seinen Leichnam nach Regensburg bringen zu lassen, und ihm ein glänzendes Leichenbegängniß zu veranstalten. Nach 40[61] Tagen wurde der Leichnam des Martyrers zu Aschheim erhoben und zu Wasser nach Regensburg gebracht. Das Schiff, so erzählt die Sage, sei ohne den Gebrauch der Ruder, wie von Engeln getrieben, die Isar hinab bis unter Deggendorf und dann die Donau aufwärts gezogen bis Regensburg, wo es von selbst vor der Stadt angehalten habe. Der Herzog, die Großen des Reiches, die Priesterschaft etc. empfingen den heil. Leichnam mit großer Feierlichkeit. Priester trugen ihn in das Georgikirchlein (jetzt St. Emmeram), wo er zur Erde bestattet wurde, bis er bei der erfolgten Heiligsprechung Emmeram's in die daran gebaute Klosterkirche übersetzt wurde, wo er noch heutzutage ruht. Ein Stein bezeichnet die Ruhestätte des Heiligen, und die Inschrift darauf lautet: »Emmeramus, Bischof von Poitiers, kam, das Wort Gottes predigend, in das Land der Bayern, wo er zu Helfendorf um Christi willen gelitten hat anno 652 den 22. Sept., und ward hier in Regensburg begraben.« – Die Stiftung des Klosters (später gefürstete Abtei) St. Emmeram zu Regensburg wollen Einige bis auf den hl. Emmeram selbst und jenen Herzog Theodo zurückführen, unter welchem der Heilige nach Regensburg kam; allein es ist weit wahrscheinlicher, daß Herzog Theodo II. in Verbindung mit dem hl. Bischof Rupert von Salzburg etwa um das J. 697 das Stift14 gegründet habe, dessen erste Aebte die Bischöfe von Regensburg waren, bis endlich der hl. Bischof Wolfgang den hl. Romuald von Trier berief und ihn zum Abte bestellte. – Der hl. Emmeram ist einer der Patrone der Stadt und Diöcese Regensburg, und wird sein Fest dort sub ritu dupl. maj. gefeiert. Auch im Mart. Rom. findet sich sein Name am 22. September. – Abgebildet wird er gewöhnlich im bischöflichen Ornate, und hat als Attribute eine Leiter oder auch eine Lanze. (VI. 454.)