Analysis

[171] Analysis, Auflösung, Zergliederung eines Ganzen in seine Theile, wie sie z.B. der Philosoph mit Begriffen, Urtheilen oder Systemen, der Chemiker mit einem zusammengesetzten Körper, der Grammatiker mit Wort und Satzformen vornimmt. – Die math. Analysis bedeutet als Methode die Art von Beweis, bei welcher der zu beweisende Satz als bewiesen vorausgesetzt, von Folgerung zu Folgerung geschritten, und wenn die Schlußfolgerung auf einen bereits bewiesenen Satz führt, der als bewiesen vorausgesetzte Satz nunmehr als wirklich bewiesen anerkannt wird; führt aber gegentheils die Voraussetzung auf etwas Widersinniges, so ist die Voraussetzung als falsch erwiesen. Als math. Wissenschaft wird die Analysis gegenüber gestellt der Elementarmathematik, und zwischen niederer und höherer A. unterschieden. Zu ersterer (auch A. des Endlichen genannt) zählt man das Rechnen mit allgemeinen Potenzen, Wurzeln und Logarithmen, die Lehre von den Permutationen, Variationen und Combinationen, den Reihen, besonders den binomischen Lehrsatz, die trigonometrischen Reihen und die numerische Auflösung der höhern Gleichungen. Von der Geometrie gehören hieher die Lehre von den Coordinaten, die Gleichungen der Linien und Flächen, die Kegelschnitte. Die [171] höhere Analysis begreift in sich: die Lehre von den Functionen, die Ableitungsrechnung, die Differential-, Integral- und Variationsrechnung, endlich die Differenzen und Summenreihen und die noch in der Entwickelung begriffene combinatorische Analysis. Aus der Geometrie gehört hieher hauptsächlich die Rectifikation der Curven, die Quadratur der gekrümmten Flächen und die Kubatur der Körper. Gründer der höhern Analysis ist der große Leibniz durch die Erfindung des Infinitesimalcalculs, der Differential- und Integralrechnung; hochverdient machten sich ferner: Euler, Gauß, Laplace, Lacroix, Lagrange, Fourier.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 171-172.
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