Bürger [2]

[712] Bürger , Gottfr. Aug., geb. 1. Jan. 1748 zu Wolmerswende bei Halberstadt, studirte zuerst Theologie, dann Jurisprudenz, lebte seit 1768 einige Jahre in Göttingen, wo er Mittelpunkt des dortigen Dichterkreises war. 1772 wurde er Justizbeamter zu Altengleichen, verheirathete sich unglücklich, indem er bereits die Schwester seiner Frau, die Molly seiner Lieder, liebte; durch den Tod seiner Frau kam er 1784 in Mollys Besitz, verlor sie aber schon 1786. Zerrüttet in jeder Hinsicht, besonders auch in ökonomischer, gab er seinen Posten auf, zog als Privatdocent nach Göttingen und beging 1790 die Thorheit, sich mit dem »Mädchen aus Schwaben«, Christine Elise Hahn, zu vermählen, welche Ehe 1792 durch Scheidung gelöst wurde. 1789 wurde er außerordentlicher Professor ohne Gehalt und mußte für den lieben Groschen recensiren, übersetzen etc. Zu diesen Bedrängnissen kam eine Recension von Schiller, die B. und seine Gedichte heruntersetzte (Göthe behandelte B. mit vornehmer Sprödigkeit) u. tief kränkte; der willkommene Tod erlöste ihn den 8. Juli 1794. B.s Leben unterliegt allerdings schwerem u. gerechtem Tadel und hat den Dichter durch Leiden genug gestraft; nichtsdestoweniger ist er einer der ersten deutschen Dichter, namentlich durch seine Balladen, von denen einige in das Volksleben übergegangen sind; auch von seinen Liedern nehmen mehrere einen Ehrenplatz in der deutschen Poesie ein. Von B.s Humor zeugen »die wunderbaren Abenteuer u. Reisen des Freiherrn von Münchhausen«. Seine sämmtlichen Werke in Prosa und Poesie sind vielfach erschienen, zuletzt in Einem Bde. Göttingen 1834. – Seine dritte Frau, Ch. E. Hahn, geb. zu Stuttgart 1769, lebte nach der Scheidung als Declamatorin und Schauspielerin an verschiedenen Orten, st. erblindet zu Frankfurt a. M. 1833. Sie schrieb ein vergessenes Drama und den Roman »Irrgänge des weiblichen Herzens«, Altona 1799; »Gedichte« Hamburg 1812.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 712.
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