Eudämonismus

[621] Eudämonismus, griech., heißt die Lehre, welche Glückseligkeit als den höchsten oder einzigen Zweck des Handelns betrachtet; eudämonistisch, jede Lehre, welche dies mehr oder minder ausschließlich thut. Der E. spielt seit Aristoteles in der Geschichte der praktischen Philosophie eine wichtige Rolle und das Urtheil über seinen Werth oder Unwerth hängt zunächst davon ab, was unter Glückseligkeit verstanden wird. Jedenfalls ist er falsch, wenn der Glückseligkeitstrieb zum ausschließlichen Moralprincip und die Tugend zur Kunst gemacht wird, glücklich zu sein. Anderseits liegt der Glückseligkeitstrieb unauslöschlich im Menschen, die Vollkommenheit in harmonischer Entwicklung und göttlicher Verklärung aller Kräfte u. Fähigkeiten, die Seligkeit in der Einheit des Menschen mit Gott, und so durften die Systeme kath. u. prot. Moraltheologen: Danzer, Wanker, Sailer, Bahrdt, Leß, Michaelis u.a.m. eudämonistisch werden. Als Gegensatz des E. trat in neuer Zeit der Kantʼsche Rigorismus auf, den Schiller mit Recht als eine Einseitigkeit entgegengesetzter Art geißelte.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 621.
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