[32] Gedächtniß, lat. memoria, heißt die geheimnißvolle Kraft der Seele, gehabte Vorstellungen, Begriffe u. Ideen sowie ganze Reihen derselben im Geiste aufzubewahren und uns unwillkürlich (G. im engern Sinne) oder willkürlich (Erinnerung) wiederum zu vergegenwärtigen. Von der Einbildungskraft wird das G. unterschieden, indem es seinen Inhalt vorherrschend in Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit u. in verstandesgemäßer Ordnung darstellt. Durch das G. wird die Außenwelt zunächst unser geistiges Eigenthum; es entwickelt sich bei den Thieren mit dem Sinnenleben, beim Menschen mit der Sprache und während es bei jenen an einer bestimmten Gränze stehen bleibt, wird es bei diesen zum Gedankenmagazin der Vernunft und ist einer staunenswerthen Vervollkommnung fähig. Hinsichtlich letzterer erscheint übrigens die alltägliche Uebung als der beste Weg, da die G.-kunst, Mnemonik, als deren Vater Simonides gepriesen wurde, mit ihren sinnl. Zeichen und Künsteleien im Ganzen so wenig Ersprießliches leistete als früher mit ihren Salben und Arzneien. Das G. ist je nach Naturanlage u. Uebung dem Grade nach sehr verschieden, dem Gegenstande nach unterscheidet man ein Wort-, Sachen-, Zahlen-, musikalisches G. u.s.w.