Verdauung

[598] Verdauung lat. digestio, ist derjenige physiologische Act, durch welchen die in den Körper aufgenommenen Nahrungsmittel so bearbeitet und verändert werden, daß sie zur Ueberführung ins Blut tauglich werden. Dem Geschäfte der V. steht ein eigenes System von Organen vor (die V.sorgane); dahin gehören die Mundhöhle mit ihren Theilen, die Speiseröhre, der Magen u. Darmkanal, die Leber u. die Bauchspeicheldrüse. Die Vorarbeit der V. geschieht in der Mundhöhle durch das Kauen der festen Stoffe, wobei diese zugleich mit dem Mundspeichel vermischt werden. Die gekauten Speisen gelangen durch den Act des Schluckens durch die Speiseröhre in den Magen. Daselbst erfolgt die Magen-V. od. die Umwandlung der Speisen in den sogen. Speisebrei (Chymus), was hauptsächlich durch die verdauende Kraft des sauren Magensaftes bewirkt wird, welcher die festen eiweißartigen Stoffe auflöst, während er die Fette noch unverändert läßt. Zugleich wird ein Theil der Stärke durch den verschluckten Speichel in Zucker verwandelt. Ist diese Umänderung geschehen und der Speisebrei (eine gleichförmige breiige, grauliche Flüssigkeit von fadem, süßsäuerlichem Geschmack) gebildet, was je nach den Nahrungsmitteln in einem Zeitraume von 2 bis 4 Stunden geschieht, so wird derselbe durch die wurmförmigen Zusammenziehungen der Magenwandungen allmälig in kleinen Portionen in den Dünndarm, zunächst in den obersten Theil desselben, den Zwölffingerdarm, getrieben. Hier beginnt nun die Dünndarm-V. d.h. die weitere Umwandlung des Speisebreies und die Bildung des Speisesaftes (Chylus) aus demselben. Dies geschieht durch Einwirkung der Galle, des Bauchspeichels und des Darmsaftes. Die Galle tritt aus der Leber und der Gallenblase durch den Gallengang in den Zwölffingerdarm, ebendahin der Bauchspeichel aus der hinter dem Magen befindlichen Bauchspeicheldrüse, der Darmsaft wird aus den Drüsen der den ganzen Darmkanal auskleidenden Schleimhaut abgesondert. Die Veränderungen, welche der [598] langsam im Dünndarm fortrückende Speisebrei durch die Einwirkung dieser Säfte erleidet, sind nun folgende: die noch im Speisebrei befindliche unveränderte Stärke wird durch den Bauchspeichel u. Darmsaft in Zucker verwandelt; der noch ungelöste Theil der eiweißartigen Stoffe wird durch den Darmsaft aufgelöst; endlich werden die fetten Substanzen, welche im Magen völlig unverändert blieben, durch Einwirkung der Galle und des Darmsaftes in einen sein zertheilten emulsiven Zustand gebracht. Der auf diese Weise verflüssigte Theil des Speisebreies kann nun als Speisesaft (Chylus) von den in den Darmwandungen verbreiteten Saugadern aufgesogen und ins Blut übergeführt werden, und je weiter der Speisebrei durch die peristaltische Bewegung des Dünndarms fortrückt, um so vollständiger wird der flüssige Chylus aufgesogen,. so daß fast nur die festen unverdaulichen Bestandtheile in den Dickdarm gelangen und sich zu Koth bilden (in Verbindung mit Darmschleim und zersetzter Galle). welcher durch den Dickdarm hindurch in den Mastdarm zur Ausleerung geführt wird.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 598-599.
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