Fatalismus

[200] Fatalismus (nlt. v. lat. fatalis = verhängnisvoll) heißt diejenige Ansicht, nach der alle Erlebnisse und Handlungen des Menschen nicht sowohl durch den Kausalzusammenhang des Weltlaufs, als durch ein unabwendbares Schicksal vorherbestimmt sind; der Fatalismus glaubt, was der Mensch auch tue, mag er gut oder böse handeln, das Verhängte geschehe notwendig. Diese Absicht, welche von Epikuros, den Stoikern und vom Islam vertreten wird, ist das einseitige Extrem der Wahrheit, daß alles in der Welt, auch die menschlichen Handlungen, durch Ursachen und Gründe bestimmt sind. In Wirklichkeit aber besteht nicht eine blinde und unheimliche Macht, welche vorher die Reihenfolge der Ereignisse festsetzt, sondern nur die Wechselwirkung der physischen, logischen und moralischen Gesetze, durch welche der einzelne bestimmt wird, ohne daß er darum aufhörte, ein Freiheitsgefühl zu besitzen und praktisch frei zu sein. (Vgl. Freiheit.) Auch der Pantheismus, der praktisch das Individuum zu Aktionen des All-Einen macht, kann zu ähnlichen Auffassungen wie der Fatalismus führen, ebenso der Materialismus, der die menschlichen Handlungen nur als Resultate physischer Antriebe betrachtet, und der Naturalismus, dem der Weltlauf nur ein Produkt der Naturgesetze ist. Die Folgen des Fatalismus sind einerseits kühner Todesmut und Zügellosigkeit,[200] andrerseits Resignation und Quietismus, Kulturniedergang. Vgl Freiheit, Determinismus, Prädestination.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 200-201.
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