Die Schlummernde

[348] Im Gelispel athmet Flöten!

Leis entschlummert sinkt das Haupt

Meiner Freundin, das zu röthen

Sich ein süßer Traum erlaubt,

Und von Maienkühl' umfächelt

Liebe hauchet, Liebe lächelt.


Blumen sind dem prallen Moose,

Das sie wieget, eingestickt;

Ueber ihr hängt eine Rose,

Die verschämt am Stocke nickt;

Und den Balsam rings ergießen

Lüfte, die sie sanft umschließen.


Ihr gelagert gegenüber

Wagt mein Odem keinen Zug.

Kalt und glühend als im Fieber

Hemm ich meines Seufzers Flug.

Wenn der Traum, der sie umschwebet,

Nur kein fremdes Bild belebet!

Quelle:
Heinrich Christian Boie. Beitrag zur Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert von Karl Weinhold, Halle 1868, S. 348-349.
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