25. August 1817

[389] Einsam will ich untergehn

Keiner soll mein Leiden wissen,

Wird der Stern, den ich gesehn

Von dem Himmel mir gerissen

Will ich einsam untergehn

Wie ein Pilger in der Wüste.


Einsam will ich untergehn

Wie ein Pilger in der Wüste,

Wenn der Stern, den ich gesehn

Mich zum letzten Male grüßte

Will ich einsam untergehn

Wie ein Bettler auf der Heide.


Einsam will ich untergehn

Wie ein Bettler auf der Heide,

Giebt der Stern, den ich gesehn,

Mir nicht weiter das Geleite

Will ich einsam untergehn

Wie der Tag im Abendgrauen.


Einsam will ich untergehn

Wie der Tag im Abendgrauen,

Will der Stern, den ich gesehn[389]

Nicht mehr auf mich niederschauen,

Will ich einsam untergehn

Wie ein Sklave an der Kette.


Einsam will ich untergehn

Wie der Sklave an der Kette,

Scheint der Stern, den ich gesehn

Nicht mehr auf mein Dornenbette

Will ich einsam untergehn

Wie ein Schwanenlied im Tode.


Einsam will ich untergehn

Wie ein Schwanenlied im Tode,

Ist der Stern, den ich gesehn

Mir nicht mehr ein Friedensbote

Will ich einsam untergehn

Wie ein Schiff in wüsten Meeren.


Einsam will ich untergehn

Wie ein Schiff in wüsten Meeren,

Wird der Stern, den ich gesehn

Jemals weg von mir sich kehren,

Will ich einsam untergehn

Wie der Trost in stummen Schmerzen.


Einsam will ich untergehn

Wie der Trost in stummen Schmerzen,

Soll den Stern, den ich gesehn

Jemals meine Schuld verscherzen,

Will ich einsam untergehn

Wie mein Herz in deinem Herzen.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 389-390.
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