Abschreckendes Beispiel

Abschreckendes Beispiel

[73] Knopp begibt sich eilig fort

Bis zum höchsten Bergesort.


Abschreckendes Beispiel

[73] Hier in öder Felsenritzen

Sieht er einen Klausner sitzen.

Dieser Klausner, alt und greis,

Tritt aus seinem Steingehäus.


Abschreckendes Beispiel

Und aus Knoppen seiner Tasche

Hebt er ernst die Wanderflasche.


Abschreckendes Beispiel

[74] »Ich« – so spricht er – »heiße Krökel

Und die Welt ist mir zum Ekel.

Alles ist mir einerlei.


Abschreckendes Beispiel

Mit Verlaub! Ich bin so frei.


Abschreckendes Beispiel

[75] Oh, ihr Bürsten, oh, ihr Kämme,

Taschentücher, Badeschwämme,

Seife und Pomadebüchse,

Strümpfe, Stiefel, Stiefelwichse,

Hemd und Hose, alles gleich,

Krökel, der verachtet euch.

Mir ist alles einerlei.


Abschreckendes Beispiel

Mit Verlaub, ich bin so frei.


Abschreckendes Beispiel

[76] Oh, ihr Mädchen, oh, ihr Weiber,

Arme, Beine, Köpfe, Leiber,

Augen mit den Feuerblicken,

Finger, welche zärtlich zwicken

Und was sonst für dummes Zeug –

Krökel, der verachtet euch.

Mir ist alles einerlei.


Abschreckendes Beispiel

Mit Verlaub, ich bin so frei.


Abschreckendes Beispiel

[77] Nur die eine, himmlisch Reine,

Mit dem goldnen Heilgenscheine

Ehre, liebe, bet ich an;

Dich, die keiner kriegen kann,

Dich du süße, ei ja ja,

Heil'ge Emmerenzia.

Sonst ist alles einerlei.


Abschreckendes Beispiel

Mit Verlaub, ich bin so frei.«


Abschreckendes Beispiel

[78] Hiermit senkt der Eremit

Sich nach hinten. – Knopp entflieht.

Knopp der denkt sich: dieser Krökel

Ist ja doch ein rechter Ekel;

Und die Liebe per Distanz,

Kurz gesagt, mißfällt mir ganz.


Abschreckendes Beispiel

Schnell verlassend diesen Ort

Eilet er nach Hause fort.
[79]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 2, Hamburg 1959, S. 73-80.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Abenteuer eines Junggesellen
Abenteuer eines Junggesellen.
Abenteuer Eines Junggesellen (German Edition)

Buchempfehlung

Neukirch, Benjamin

Gedichte und Satiren

Gedichte und Satiren

»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.

162 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon