[23] Knopp begibt sich weiter fort
Bis an einen andern Ort.
Da wohnt einer, den er kannte,
Der sich Rektor Debisch nannte.
[23] Er erteilet seinem Sohn
Eben eine Lektion,
Die er aber unterbricht,
Als er Knopp zu sehen kriegt.
Zu dem Sohne spricht er dann:
»Kuno, sag ich, sieh mich an!
Höre zu und merke auf!
Richte itzo deinen Lauf
Dahin, wo ich dir befehle,
Nämlich in die Kellerhöhle.
Dorten lieget auf dem Stroh
Eine Flasche voll Bordeaux.
[24] Diese Flasche, sag ich dir,
Zieh herfür und bringe mir!«
Kuno eilet froh und prompt,
Daß er in den Keller kommt,
Wo er still und wohlgemut
Etwas von dem Traubenblut
In sich selbst herüberleitet,
Was ihm viel Genuß bereitet.
Die dadurch entstandne Leere
Füllt er an der Regenröhre. –
[25] Rotwein ist für alte Knaben
Eine von den besten Gaben:
Gern erhebet man das Glas.
Aber Knopp der findet was.
[26] »Ei« – spricht Debisch – »dieses ist,
Sozusagen, Taubenmist.
Ei, wie käme dieses dann?
Kuno, sag ich, sieh mich an!!«
Drauf nach diesem strengen Blick
Kommt er auf den Wein zurück.
[27]
Aber Knopp verschmäht das Glas,
Denn schon wieder sieht er was.
»Dies« – spricht Debisch – »scheint mir ein
Neugeborner Spatz zu sein.
Ei, wie käme dieses dann?
[28]
Kuno, sag ich, sieh mich an!!
Deiner Taten schwarzes Bild
Ist vor meinem Blick enthüllt;
Und nur dieses sage ich:
Pfui, mein Sohn, entferne dich!! –«
Das ist Debisch sein Prinzip:
Oberflächlich ist der Hieb.
Nur des Geistes Kraft allein
Schneidet in die Seele ein.
[29] Knopp vermeidet diesen Ort
Und begibt sich weiter fort.
Ausgewählte Ausgaben von
Abenteuer eines Junggesellen
|
Buchempfehlung
Der Teufel kommt auf die Erde weil die Hölle geputzt wird, er kauft junge Frauen, stiftet junge Männer zum Mord an und fällt auf eine mit Kondomen als Köder gefüllte Falle rein. Grabbes von ihm selbst als Gegenstück zu seinem nihilistischen Herzog von Gothland empfundenes Lustspiel widersetzt sich jeder konventionellen Schemeneinteilung. Es ist rüpelhafte Groteske, drastische Satire und komischer Scherz gleichermaßen.
58 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro