Drittes Kapitel

[306] Öfters noch sprach der Rektor Bax:

»Der Junge, der bleibt ein fauler Lachs!«

Aber die Eltern bleiben dabei,

Daß Hieronymus dieses nicht sei. –

Frau Jobs, die noch ihren Traum im Sinn,

Befraget die alte Zigeunerin.

Die sprach: »Aus diesem Horn zum Tuten

Kann man mit Sicherheit vermuten,

Dereinst wird der Herr Sohn auf Erden

Ein Mann von großem Ruhme werden.


Drittes Kapitel

Er wird ermahnen, er wird belehren;

Einer wird reden und viele hören.

Die Schläfer wird er auferwecken.

Den Kranken ein Tröster, den Bösen ein Schrecken.«


Demnach so ist es denn fest beschlossen,

Obschon es den Rektor heftig verdrossen,

Hieronymus soll das Studieren erlernen,

Sich Ostern zur Universität entfernen

Und dorten verbleiben zu Nutz und Ehr,

Bis daß er ein geistlicher Herre wär. –


Drittes Kapitel

[306] Den Beutel mit schönen Dukaten gespickt,

Ist er richtig zu Ostern ausgerückt

Und, von dem alten Hausknecht beglitten,

Recht heiter zur nächsten Post geritten.


Drittes Kapitel

In der Stube der Passagiere

Befand sich ein Herr von feiner Turnüre,

Bekleidet mit einer großen Perücke;

Der tat ihn begrüßen mit freundlichem Blicke

Und sagte so unter anderen Sachen,

Sie wollten ein kleines Spielchen machen. –


Drittes Kapitel

Anfangs ging die Sache recht gut,

Hieronymus war froh und faßte Mut.

Als aber das Posthorn lustig erklang,

Ward es ihm in der Seele bang.

Mit Schmerzen läßt er sein Geld zurücke

Dem fremden Herrn mit der großen Perücke.
[307]

So sitzt er nun im Wageneck,

Gedenkt an seine Dukaten, die weck,

Und ist voll tiefer Melancholie. –


Drittes Kapitel

Ein hübsches Mamsellchen sitzt vis-à-vis.


Drittes Kapitel

Diese gute Demoiselle

Tröstet den armen Jüngling schnelle.[308]

Dem Mitleid folgt in kurzer Zeit

Die Liebe und dieser die Zärtlichkeit.


Drittes Kapitel

Und auch der Schwager seinerseits

Findet die Sache nicht ohne Reiz. –


Ach, aber kaum lernt man sich kennen,

So muß man sich schon wieder trennen.

Drittes Kapitel

Der Schwager bläst traratrara!

Und fort muß die Amalia.[309]

Wie nun Hieronymus weiterfuhr,

Denkt er sich so: Was ist wohl die Uhr?

Er sucht sie vorne, er sucht sie hinten,

Aber er kann die Uhr nicht finden.


Drittes Kapitel

Auweh! Jetzt fällt's ihm plötzlich ein:

Man soll mit Vorsicht zärtlich sein.


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 2, Hamburg 1959, S. 306-310.
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