Der Eispeter

Der Eispeter

[288] Als Anno 12 das Holz so rar,

Und als der kalte Winter war,


Da blieb ein jeder gern zu Haus;

Nur Peter muß aufs Eis hinaus.
[288]

Der Eispeter

Da draußen, ja, man glaubt es kaum,

Fiel manche Krähe tot vom Baum.


Der Eispeter

Der Onkel Förster warnt und spricht:

»Mein Peter, heute geht es nicht!«
[289]

Der Eispeter

Auch ist ein Hase bei den Ohren

Ganz dicht am Wege festgefroren.


Der Eispeter

Doch Peter denkt: Tralitrala!

Und sitzt auf einem Steine da.
[290]

Der Eispeter

Nun möchte Peter sich erheben,

Die Hose bleibt am Steine kleben.


Der Eispeter

Der Stoff ist alt, die Lust ist groß,

Der Peter reißt sich wieder los.
[291]

Der Eispeter

Na, richtig! Ja, ich dacht es doch!

Da fällt er schon ins tiefe Loch.


Der Eispeter

Mit Hinterlassung seiner Mütze

Steigt Peter wieder aus der Pfütze.
[292]

Der Eispeter

Bald schießt hervor, obschon noch klein,

Ein Zacken Eis am Nasenbein.


Der Eispeter

Der Zacken wird noch immer besser

Und scharf als wie ein Schlachtermesser.
[293]

Der Eispeter

Der Zacken werden immer mehr,

Der Nasenzacken wird ein Speer.


Der Eispeter

Und jeder fragt: Was mag das sein?

Das ist ja wie ein Stachelschwein!
[294]

Der Eispeter

Die Eltern sehen nach der Uhr:

»Ach, ach! wo bleibt denn Peter nur?«


Da ruft der Onkel in das Haus:

»Der Schlingel ist aufs Eis hinaus!«
[295]

Der Eispeter

Mit einer Axt und stillem Weh

Sucht man den Peter hier im Schnee.


Der Eispeter

Schon sieht man mit besorgtem Blick

Ein Teil von Peters Kleidungsstück.
[296]

Der Eispeter

Doch größer war die Trauer da,

Als man den Peter selber sah.


Der Eispeter

[297] Hier wird der Peter transportiert,

Der Vater weint, die Träne friert.
[298]

Der Eispeter

Behutsam läßt man Peters Glieder

Zu Haus am warmen Ofen nieder.


Der Eispeter

[299] Juchhe! Die Freudigkeit ist groß;

Das Wasser rinnt, das Eis geht los.
[300]

Der Eispeter

Ach, aber ach! Nun ist's vorbei!

Der ganze Kerl zerrinnt zu Brei.


Der Eispeter

[301] Hier wird in einen Topf gefüllt

Des Peters traurig Ebenbild.
[302]

Der Eispeter

Ja, ja! In diesen Topf von Stein,

Da machte man den Peter ein,


Der, nachdem er anfangs hart,

Später weich wie Butter ward.
[303]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 288-304.
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