[304] Links ein Mauseloch, rechts ein Loch im Stiefel. Eine Pumpe. Ein Kleiderstock, woran eine Hose hängt. Eine Stallaterne und ein Topf mit Wichse.
[304] Die Maus spaziert in die Laterne,
Der böse Kater sieht's von ferne.
Schnapp! springt er zu: das Glas zerbricht;
Die Maus, die kriegt er aber nicht.
[305] Den Kleiderstock erklimmt die Maus,
Der Kater nach in einem Saus.
Hier sausen sie durchs Hosenbein,
Die Maus heraus, die Katz hinein.
[306]
Klatsch! fällt der Kater mit dem Kopf
In einen schwarzen Wichsetopf.
Der Kater ist ein halber Mohr,
Die Maus springt in das Stiefelrohr.
[307]
Der Kater denkt: »Dich krieg ich noch!«
Der Stiefel aber hat ein Loch.
Hier springt denn auch die gute Maus
Bereits zum Stiefelloch heraus.
[308]
Die Maus läuft schnell ins Mäusenest;
Der Kater sitzt im Stiefel fest.
Ja, stelle dich nur auf den Kopf!
Der Stiefel bleibt dir doch am Schopf.
[309]
Die Köchin und der Hausknecht sehn
Mit Staunen an, was hier geschehn.
[310] Und beide sieht man mit Bemühn
Am Katzenschwanz und Stiefel ziehn.
[311]
Pardauz! Da haben wir es ja!
Sie liegen alle beide da.
[312] Der Kater, der's verdient gehabt,
Wird eingeklemmt und abgeklappt.
[313]
Und wenn sich einer schwarz gemacht,
Mit Wasser wird's herausgebracht.
[314] Die Mäuse aber springen
Im Kreis herum und singen:
»Der brave Stiefel hat ein Loch!
Der Stiefel lebe! Vivat hoch!«[315]
Buchempfehlung
Der neurotische Tiberius Kneigt, ein Freund des Erzählers, begegnet auf einem Waldspaziergang einem Mädchen mit einem Korb voller Erdbeeren, die sie ihm nicht verkaufen will, ihm aber »einen ganz kleinen Teil derselben« schenkt. Die idyllische Liebesgeschichte schildert die Gesundung eines an Zwangsvorstellungen leidenden »Narren«, als dessen sexuelle Hemmungen sich lösen.
52 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro