Der Undankbare

Der Undankbare

[218] Einen Menschen namens Meier

Schubst man aus des Hauses Tor,

Und man spricht, betrunken sei er;

Selber kam's ihm nicht so vor.
[218]

Der Undankbare

Grade auf des Weges Mitte,

Frisch mit spitzem Kies belegt,

Hat er sich im Schlürferschritte

Knickebeinig fortbewegt.
[219]

Der Undankbare

Plötzlich will es Meier scheinen,

Als wenn sich die Straße hebt,

So daß er mit seinen Beinen

Demgemäß nach oben strebt.
[220]

Der Undankbare

Aber Täuschung ist es leider.

Meier fällt auf seinen Bauch,

Wirkt zerstörend auf die Kleider

Und auf die Zigarre auch.
[221]

Der Undankbare

Schnell sucht er sich aufzurappeln.

Weh, jetzt wird die Straße krumm,
[222]

Der Undankbare

Und es drehn sich alle Pappeln,

Und auch Meier dreht es um.
[223]

Der Undankbare

Knacks, er fällt auf seine Taschen,

Worin er mit Vorbedacht

Noch zwei wohlgefüllte Flaschen

Klug verwahrt und mitgebracht.
[224]

Der Undankbare

Hilfsbedürftig voller Schmerzen

Sitzt er da in Glas und Kies,

Doch ein Herr mit gutem Herzen

Kam vorbei und merkte dies.
[225]

Der Undankbare

Voller Mitleid und Erbarmen

Sieht er, wie es Meiern geht,

Hebt ihn auf in seinen Armen,

Bis er wieder grade steht.
[226]

Der Undankbare

Puff! Da trifft ein höchst geschwinder

Schlag von Meiern seiner Hand

Auf des Fremden Prachtzylinder,

Daß der Mann im Dunkeln stand.
[227]

Der Undankbare

Ohne Hören, ohne Sehen

Steht der Gute sinnend da;

Und er fragt, wie das geschehen,

Und warum ihm das geschah.
[228]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 2, Hamburg 1959, S. 218-229.
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