[46] Man sollte denken, daß nach allen
Verdrüssen, welche vorgefallen,
Am Ende dieser gute Knabe
Vor Süßigkeiten Abscheu habe!
Ach nein! – Schon spekuliert der Tropf
Auf Vater Dralles Honigtopf,
Der, wie er weiß, auf einem Brett
Dicht über dessen Bette steht. –
Als heut nun Dralle lag und schlief,
So gegen zehn recht fest und tief,
Da ist's ihm so, als ob was rauscht. –
Hans Dralle spitzt das Ohr und lauscht.
[46] Ha! schleicht nicht dort aus jener Tür
Ein greulich Phänomen herfür??!!
In seinen Augen kann man's lesen:
Dies ist fürwahr kein menschlich Wesen!!
[47] Ein Quadruped ist hier zu schauen,
Ein Flügeltier mit Schweif und Klauen.
Hans Dralle steht das Haar nach oben,
Die Zipfelhaube wird gehoben.
[48] Schon kommt's mit fürchterlichen Sprüngen,
Den Bienenvater zu verschlingen.
Und dumpf ertönt's wie Geisterstimmen:
»Hans Dralle, kiek na dinen Immen!«
[49] Es hebt sich auf die Hintertatzen,
Man hört es an den Wänden kratzen.
Gottlob! jetzt kehrt es wieder um!
Hans Dralle ist vor Schrecken stumm.
[50] Ihm hängt der Schweiß an jedem Haar,
Bis das Phantom verschwunden war.
Bald drauf sitzt der Eugen zu Haus
Und schleckt den Topf voll Honig aus.
[51]
Buchempfehlung
Der junge Wiener Maler Albrecht schreibt im Sommer 1834 neunzehn Briefe an seinen Freund Titus, die er mit den Namen von Feldblumen überschreibt und darin überschwänglich von seiner Liebe zu Angela schwärmt. Bis er diese in den Armen eines anderen findet.
90 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro