Christliche Sterbens Gedancken

[423] Herr Jesu, Trost in aller Noth,

Du Länge meiner Tage,

Ich weis daß ich alzeit den Tod

An meinem Halse trage,

Wenn du gebeutst so scheid ich ab,

Vnd nehme mit mir in das Grab

Zeit, Welt und alle Plage.


Die lieben Meinen, ihr Geschrey,

Dieweil sie mich verlohren,

Kömmt meinem Hertzen nimmer bey,

Weg sind Gesicht und Ohren:

Ich bawe dort das finstre Reich

Der stillen Schatten und bin gleich

Als wär' ich nie gebohren.


Dir aber bleib' ich unentwand,

Wird gleich der Leib begraben,

Du wirst auch dann in deine Hand

Mich angeschrieben haben,

Und meine Seel erhebest Du,

Die wird im Himmel sich mit Rhu

Und ewign Frewden laben.


Vnd wirst du denn ein Feldgeschrey

Hoch in die Wolcken machen,

(Das Ende nähert sich herbey)

Der Erden Baw wird krachen,

Im Fewer alles untergehn,

Die Todten werden aufferstehn,

So werd auch ich erwachen.


Nichts bleibt im Grabe nicht ein, Haar

Vermag der Tod zu fällen,

Du nimst auch meiner Aschen war,

Kein Nagel wird mir fehlen,

Dann wird die Seele hoch erfrewt,

Mit ihrem Leib in Ewigheit

Sich wiederumb vermählen.


O Preiß, Triumph, o Ehr' und Danck,

Den ich dir werde bringen,

Der Engel hoher Lobgesangk

Wird in den meinen klingen.

Herr laß mich hie durch Lieb und Leid

Nach solcher grossen Seeligkeit

Mit höchsten Kräfften ringen.


Laß meinen Geist den eiteln Wahn

Der Erden nicht verderben,

Lehr mich der Sünden abgethan

Durch Busse täglich sterben,

Und kömpt es an die letzte Noht,

Laß mich durch einen selign Tod

Das ewig' Heil ererben.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 423-424.
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