Creutz-Lied

Wirst Du nicht vnser Creutz mit tragen,

Vns nicht zur Seiten stehn,

So müssen wir, O Gott, verzagen

Vnd nur für Angst vergehn.

Schaw, wie wir vnsern Mund gewehnen

Zu lauter Thränen-Brodt,

Vns tränckt ein grosses Maaß der Thränen

In Schmertzen, Pein vnd Noth.


Dein Grimm muß wieder vns sich regen

Vnd stürmt zu vns herein,

Als die, an denen viel gelegen,

Vnd dir gewachsen seyn.

Gedenck an Dich vnd Deine Stärcke,

Vnd auch an vns dabey,

Wir sind zwar deiner Hände Wercke,

Ach, aber Staub vnd Sprew.


Verfolg erzürnt die stoltzen Hertzen

Durch Grimm vnd wilden Brandt:

Wir küssen, Herr, in Rew vnd Schmertzen

Die Ruth vnd deine Handt:

Laß Dich auch wieder gnädig finden,

Wend vnsers Creutzes Last,

Ach komm die Wunden zu verbinden,

Die du geschlagen hast.


Vnd sol Dein Zorn ja ferner walten,

Weil wir durch grosse Schuldt

Vns werth, Herr, aller Straffe halten,

So gib dabey Gedult.

Wol dem, der Dein sich kan bescheiden

In Lust vnd Pein zugleich,

Das Creutz wird jhm ein Schatz der Frewden,

Die Hell ein Himmelreich.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 3, Halle a.d.S. 1937, S. 81-82,89.
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