[221] Wir klagen überall
Das Noht und Todes-Fall
Vns manches Leid erreget,
Vnd nehmen nicht in acht
Daß Gottes Eiffers Macht
Vns also schläget.
Er, dessen Auge sieht
Was in der Welt geschieht,
Ja selbs die Sonne blendet,
Nimmt mehr als fleißig war
Was Boßheit hier und dar
Sein Vrtheil schändet.
Mein Auffstehn, meine Rhu
Vnd alles was ich thue
Schwebt stets Ihm vor Gesichte,
Mein Trotz insonderheit
Steht bei Ihm iederzeit
Wie vor Gerichte.
Auch was ich noch nicht merck'
Es sey ein Sünden-Werck,
Ist vor Ihm dargestellet
Vnd warttet, was doch jhm
Sein Zorn für Vngestüm
Zum Vrtheil fället.
Nun klag des Lebens Frist
Daß sie so flüchtig ist,
Vnd wir so sparsam alten:
Der Sünden Vngemach
Vnd hierauff Gottes Rach'
Heisst uns erkalten.
Drumb unsre Tage sind
So schnell als kaum der Wind,
Vnd unsre Jahre fliehen
Vnd wir mit jhnen auch
Gleich wie sich sonst ein Rauch
Pflegt zu verziehen.
O Herr, lehr in der Zeit
Vns unsre Sterblicheit
Wol zu Gemühte fassen,
Vnd mach uns hiedurch klug,
Daß wir des Satans Trug
Die Sünde lassen.
Kehr Dich doch wieder her,
End unser Angstbeschwer,
Vnd sollen wir dann reisen,
So nimm uns auff zu Dir,
Daß wir Dich zeitlich hier,
Dort ewig, preisen!
Buchempfehlung
Grabbe zeigt Hannibal nicht als großen Helden, der im sinnhaften Verlauf der Geschichte eine höhere Bestimmung erfüllt, sondern als einfachen Menschen, der Gegenstand der Geschehnisse ist und ihnen schließlich zum Opfer fällt. »Der Dichter ist vorzugsweise verpflichtet, den wahren Geist der Geschichte zu enträtseln. Solange er diesen nicht verletzt, kommt es bei ihm auf eine wörtliche historische Treue nicht an.« C.D.G.
68 Seiten, 4.80 Euro