Die Nelken glühen auf allen Altanen

[150] Das Laub gibt sich dem Abend hin,

Nur Wolken prunkend ans Fenster ziehn,

Die sind so feurig anzuschauen

Wie kleiderlose schöne Frauen.

Wie Frauen, die nach Freiern fahnen,

Sehn sie dem Abend brennend entgegen.

Die Nelken glühen auf allen Altanen,

Zur Nacht werden auch die Blumen verwegen.

Und sonst so bescheidene Fensterscheiben,

Die werfen's Gold hell auf die Straßen.

Kein Stübchen will nachts ärmlich bleiben.

Vier Wände können all' Lust umfassen.

Quelle:
Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 150.
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