Schweigen

Nun um mich her die Schatten steigen,

Stellst du dich ein, willkommnes Schweigen,

Du, aller tiefsten Sehnsucht wert.

Sehr hab ich unter Lärm und Last

Des Tags nach dir, du scheuer Gast,

Wie einem lieben Freund begehrt.


Das wirre Leben ist verklungen,

In Höhen ging und Niederungen

Längst jeder laute Schall zur Ruh.

Urstimmen, die der Tag verschlang,

Erklingen, mystischer Gesang –

Ja, süßes Schweigen, rede du.


Was über deinen stillen Mund

Aus einem rätseltiefen Grund

Mit leisem Murmeln quillt herauf,

Ich halte zitternd meine Schalen

Und fang die feinen Silberstrahlen

Verborgner Quellen selig auf.


Quelle:
Gustav Falke: Ausgewählte Gedichte. Hamburg 1908, S. 5.
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