IM UNGLÜCKLICHEN TONE DESSEN VON ...

[55] Löset von diesem brief sanft den knoten ·

Empfanget ohne groll meinen boten ·

Denket er käme von einem toten!


Als ich zuerst euch traf habt ihr gesprochen:

›Dort haust ein wurm der jeden feind verachtet‹

Zu seinen klüften bin ich flugs gesprengt ·

Nach heissem ringen hab ich ihn erstochen ·

Doch seitdem blieb mein haar versengt –

Worob ihr lachtet.[56]


›Ich hätte gern den turban des korsaren‹

So scherztet ihr – ich folgte blind

Und bin aufs meer in lärm und streit gefahren ·

Mit meinem linken arme musst ich's büssen ·

Den turban legt ich euch zu füssen ·

Ihr schenktet ihn als spielzeug einem kind.


Ihr saht wie ich mein glück und meinen leib

In eurem dienst verdarb ·

Euch grämte nicht in fährden mein verbleib ·

Ihr danktet kaum wenn ich in sturm und staub

Euch ruhm erwarb

Und bliebet meinem flehen taub.


Nun leid ich an einer tiefen wunde ·

Doch dringt euer lob bis zur lezten stunde ·

Schöne dame · aus meinem munde.

Quelle:
Stefan George: Die Bücher der Hirten- und Preisgedichte, der Sagen und Sänge und der hängenden Gärten. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 3, Berlin 1930, S. 55-57.
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