Als der Kummer über Nantchens Wankelmuth ihm eine Krankheit zuzog

[128] Ganze Tage, ganze Nächte,

Sitz' ich hier, auf meine Rechte

Dieses Kummerschwere Haupt gestützt;

Sitze weinend, und betrübe

Meinen Geist, daß deine Liebe

Nun ein Andrer, falsches Herz! besitzt.

Thöricht such' ich da nach Gründen,

Wo die Hoffnung, Grund zu finden,

Wie so kühn sie immer sey, verzagt.

Kann ich mir begreiflich machen,

Was die Seele nie im Wachen,

Selbst im Traum' zu denken nicht gewagt?[129]

Sage mir, daß Vaterbitten,

Mutterthränen dich bestritten,

Daß dein Kummer deinen Muth verzehrt,

Daß sie unter Thränengüssen

Dir die Hand nur weggerissen,

Aber daß dein Herz noch mir gehört.

Sage das! ich will es glauben,

Will mir das Bewußtseyn rauben,

Daß ich selbst den falschen Balsam gab;

Denn bei so viel tausend Schwüren,

Ungetreue! dich verlieren,

O! das foltert langsam mich ins Grab.

Oder kannst du jene Scenen,

Jenes Schmachten, dieses Sehnen,

Jene Seligkeit, und diese Pein,

Kannst du die mit deinem Bilde

Tilgen in mir? Sey so milde!

Meine letzte Bitte soll es seyn.[130]

Kannst du das nicht, Ungetreue!

Nun wohlan! sieh her und freue

Deines Werkes, meiner Qualen, dich!

Wen ein schleichend Gift verzehret,

Stirbt entsetzlich, doch verheeret

Nicht entsetzlicher der Kummer mich?

Glaube nicht, daß vor dem Grabe

Je dieß Herz gezittert habe,

Ohne Klopfen geht es noch dahin!

Gern verzeiht es deine Tücke,

Ließ es dich nur nicht zurücke,

Und zurück – als meine Mörderin!

Quelle:
Leopold Friedrich Günther von Goeckingk: Gedichte. Teil 1–4, Teil 3, Frankfurt a.M. 1821, S. 128-131.
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