Die Barden

[152] An den Herrn von Schlaff, in Greifswalde.


In dem Hain', wo vormals Harfen klangen,

Und im Mondenscheine Barden sangen,

Sitz' ich auf dem grauen Opfersteine

Einsam, und weine.

Ihre Lieder, die auf allen Zungen

Damals schwebten, hat die Zeit verschlungen,

Ihre Namen – einst in jedem Munde! –

Täuschen die Kunde.

Ruhm und Dank dem Volke, das die Lieder

Ossians, hat, von dem Sohne, wieder

Auf den Enkel, mit der Vorwelt Sagen,

Uebergetragen![153]

Väter unsers Harzes! Euren Söhnen

Ließet ihr den Hang zu süßen Tönen1:

O warum nicht Einen, von der Menge

Bardengesänge?

Doch ich will, (obgleich im langen Haine,

Wo ihr sonst gesungen, nur der Eine

Sänger noch!) auch den Verlust von Herzen

Gerne verschmerzen.

Dafür ließt ihr uns, in euren Hütten,

Festen Muth, und unschuldsvolle Sitten!

Edler dünkt mich's, Thaten selbst vollbringen,

Als sie nur singen.

Fußnoten

1 Der Hang der Thüringer zur Musik ist allgemein.


Quelle:
Leopold Friedrich Günther von Goeckingk: Gedichte. Teil 1–4, Teil 4, Frankfurt a.M. 1821, S. 152-154.
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