Den Einbastillierten

[128] Das war ein Sprengen aller Bande

Und durch die Welt ein froher Klang!

Doch überm Rhein am Frankenstrande

Entschlief der Vogel, der da sang.

Ein Krämer hält dort Ährenlese,

Im Staube knirscht ein tapfres Heer:

Das ist das alte Land nicht mehr,

Das Vaterland der Marseillaise!
[128]

Verstopftet ist des Ruhmes Quelle,

Die doch noch Männer euch gebar,

Damit ein Regiment der Elle

Die Bude wandle zum Altar?

Ihr macht aus eurer Trikolore

Ein schillerndes Chamäleon,

Und Frankreichs Krone, bittrer Hohn!

Sitzt fest auf einem Midas-Ohre.


Ihr seid gebunden und gekettet,

Gleich wilden Tieren eingehegt;

O glaubt die Freiheit nicht gerettet,

Wenn euer Aar die Flügel schlägt.

Für euch ist draußen nichts zu finden,

Im eignen Hause zeigt den Mut:

Stillt eurer eignen Wunde Blut,

Wir wollen unsre selbst verbinden.


Drei Tage hoher Himmelswonne,

Da in die Lilien schlug der Blitz –

Vergeßt doch die Dezember-Sonne

Von eures Kaisers Austerlitz!

Denn keine Schlacht wird mehr geschlagen,

Damit ein Volk, ein Held sich kränzt:

In jeder Hütte wird kredenzt

Der Wein, den jetzt die Reben tragen.


Quelle:
Herweghs Werke in drei Teilen. Band 1, Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart [1909], S. 128-129.
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