|
[71] Ode Jambica.
Noch gestern/ wenn ich es bedäncke/
saß ich mit Melio in der Schäncke.
Damöt drihb weiter nichts wie Bossen/
Trax war mit Hasen-Schrot geschossen.
Itzt muß ich insgesambt solch Drachten
for faule Sodoms-Öpffel achten.
Das saufft und raufft und flucht und schwehrt,
nicht einer ist sein Leder wehrt!
Palemon stinckt mir allenthalben
zu sehr nach Budergens und Salben.
Ein Zobel-Pältz mit hundret Schwäntzen/
das wer so waß for ihn zum Gläntzen!
Am lihbsten mücht er sich verschreiben
ein Wägelgen mit Spihgel-Scheiben.
Wie dihser Tummrian sich zihrt/
hat mich schon offters affrontirt![72]
Silvanders Sinn steht durchauß leider
nur auff die lange Weiber-Kleider.
In allen Winckelgens und Ekken
muß er sich mit den Mägdgens zekken.
Zu jeder hoppt er hin und schnoppert/
waß ihr wohl hindterm Dünn-Tuch boppert.
Darbey so hat das geule Vieh
doch die Frantzosen-Maladie!
Stax lihbt es nicht/ bey Gastereyen
sich seinen Magen zu kasteyen.
Befillt mit Sauer-Kraut und Schwarten/
kan er der Käsgens kaum noch warten.
Ümb Hammel-Fleisch und grüne Bohnen
lihß er ein Beutelgen Tublonen.
Darfor so schwappt ihm schon das Fett/
er daugt nicht mehr alß Ober-Bett!
Beraldo ist nun erst ein Brahten!
Fast Nacht for Nacht geht er gassaten.
Die Lichtrichins auß den Laternen
muß er bartout darbey entfernen.
Gleich/ kükkt ihm einer zu verstohlen/
brüllt er: Herr Bruder/ die Bistohlen!
Noch keinen sah man auff der Welt/
der so alß Waldt-Schwein sich verstellt![73]
Philen ist alles larifari
for einen halben Schlukk Canari.
Nicht einer sah mit krausen Zeichen
ihn je schon ein Bappihr bestreichen.
Er hält die hohe Pierinnen
for alte Heerings-Krämerinnen
und lihbt biß murgens früh ümb Acht
die ohngemein verlängkte Nacht.
Nur ich sizz hihr auff meinem Stertze
vergnügt bey einer Unschlitt-Kertze
und mühe fleissig Hirn und Hände
blohß for die höhern Gegenstände.
Mein Sammt-Barett mit blancken Tressen
staubt hindterm Ofen/ fast vergessen;
schon schirrt Apoll mir seinen Gaul –
Neid/ halt dein blaues Läster-Maul!
Ausgewählte Ausgaben von
Dafnis
|
Buchempfehlung
Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.
106 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro