An Gangloffs Geist1

[145] Weinsberg 1819.


Hier in diesen üpp'gen Feldern,

Rebenbergen, dunklen Wäldern,

Um das Mal der Frauentreu',

Wo du gingst in stillem Sinnen, –

Brennt es mich im Busen innen,

Werden alte Wunden neu.


Berg und Tale hör' ich fragen:

Hat er nicht auch dich getragen

Einst im Herzen liebewarm?

Kam er mit dir? – weh! und schauen

Muß ich deiner Jugend Auen

Dann durch Tränen voll von Harm.[145]


Aber die dein Geist erdachte,

Deine Hand ins Leben brachte

In dem weinbekränzten Tal,

Jene Bilder alter Zeiten

Seh' ich oft vorübergleiten,

Geistern gleich im Mondenstrahl.


Deine Helden, deine Frauen

Gehn mit mir durch diese Auen

Noch im späten Abendrot,

Flüstern: ist auch er verschwunden,

Was sein Geist, sein Herz erfunden,

Raubt der Freundesbrust kein Tod.

1

Karl Gangloff schuf in Umrissen die herrlichsten Kompositionen, Szenen aus den Nibelungen, Axel und Walburg, Wilhelm Tell usw. Er verlebte den blütenreichsten Teil seiner Jugend zu Weinsberg in Württemberg und starb den 16. Mai 1814 zu Merklingen. Eine seiner herrlichsten Kompositionen, Siegfrieds Tod aus den Nibelungen, besitzen wir von Fries in Heidelberg in Stein gezeichnet (Rheinblüten).

Quelle:
Justinus Kerner: Werke. 6 Teile in 2 Bänden, Band 1, Berlin 1914, S. 145-146.
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