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[88] Nasen kluger Philosophen!
O wie fein ihr ausgewittert,
Daß der Hölle Feuerofen
Und die Geister mich zersplittert;
Daß ich irre schmerzzerrissen
Durch die Flur, ein armer Greiner,
Wie von einer Katz' gebissen,
Die man magisch trieb aus einer;
Daß ich sehne mich vergebens
In den Jubel sonn'ger Tage
Aus der Nacht des Geisterlebens –
Daher meines Liedes Klage. –
Feine philosoph'sche Nasen!
Schmerz ist Grundton meines Herzens,
Von Natur ihm eingeblasen,
Schmerz der Grund selbst seines Scherzens.[88]
Jener Schmerzenslieder viele
Hat der Knabe schon gesungen,
Die ihr in der Geisterschwüle
Mannesherzen meint entsprungen.
Was ich schau' im Geisterreiche,
Kann mich nicht zur Klage stimmen,
Das Gespenst, das ernste, bleiche,
Macht nur dem, der's nicht glaubt, Grimmen.
Schmerzlicher als irre Schatten
Sind mir irre Menschenbengel,
Die, weil hier Verstand sie hatten,
Glauben dort sich flugs als Engel.
Liegt mein Körper eine Leiche,
Ist mein Geist noch nicht am Ziele:
Denn in meines Vaters Reiche
Sind der Wohnungen gar viele.
Einst aus Vaters Hand will nehmen
Ich mein Los, demütig, stille.
Schweb' ich auch mit irren Schemen –
Vater! es gescheh' dein Wille!
Gottes Liebe tief im Busen,
Lieb' ich, die er schuf, die Erde,
Lieb' ich Liebe, Wein und Musen,
Bis ich Geist bei Geistern werde.
1 | Siehe Athenäum für Wissenschaft, Kunst und Leben. Juli 1833. S. 57. Über Justinus Kerner, den Dichter und den Gläubigen, von Dr. Amadeus Ottokar. |