Der Hund und sein Spiegelbild

[120] Wie häufig narrt uns Selbstbetrug!

Der Toren gibt es stets genug,

Die Schatten haschen gleich Äsopus Hund,

Der jenen Knochen, den er trug,

Vergrößert schaut in eines andern Mund,

Der ihm als Spiegelbild aus eines Flusses Grund

Entgegenfletscht. Er springt und schnappt hinein.

Der eigne Knochen sinkt, der fremde war nur Schein

Und schwindet jenem echten gleich

Im aufgewühlten Wellenreich.

Mit Mühe nur entkam der Gierige der Gefahr,

Erkennend, daß sein Ziel ein eitles Trugbild war.

Quelle:
Lafontaine, Jean de: Fabeln. Berlin 1923, S. 120-121.
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