La Sirena

[245] Olivenbäume am grauen Meer . . .

aus silberschimmernden Schatten her

grüßt, von des scheidenden Tages Glut

rosengekrönt, ein Traum der Flut:

Capri.


Aus den Grotten tönt verwehter Klang,

der schlummernden Brandung Nachtgesang.

Wie ein Schatten schwimmt lautlos und weich

unsre Barke durch das Klippenreich

von Capri.


Meine Lippen liegen auf deinem Mund . . .

Still du! – wir gleiten auf falschem Grund.

Sirenen lauern im Mondenschein,

und die Toten schlafen in leuchtenden Reihn

um Capri.


Quelle:
Clara Müller-Jahnke: Gedichte, Berlin [1910], S. 245-246.
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