Lauras Quelle

[77] Chiare, fresche e dolci acque

Ove le belle membra

Pose colei, che sola a me par donna;

Date udienza – –

Alle dolenti mie parole estreme!

Petrarca.


Quelle! dich grüßt mein Blick mit Sehnsuchtsthränen,

Seit am Blumenaltare deiner Ufer,

Seit im Tempel deiner Gesträuche, Laura

Weinend mit Gott sprach!


Geister des Himmels müssen dich umschweben,

Stille Stäte, wo Laura betend hinsank,

Wo die Zukunft über der Gruft sich ihren

Blicken enthüllte!


Huldigend schmiegten sich des Frühlings Kinder

Um des weissen Gewandes Saum, die Lüfte[77]

Wehten Purpurblüthen auf ihres Hauptes

Wallenden Schleier!


Ueber ihr Antliz war die Ruh' des Himmels,

War der Friede der Engel ausgegossen,

Und verklärend hellte des bessern Lebens

Hoffnung ihr Auge.


Siehe! da wallte Gott, im sanften Säuseln,

Durch die Stille des Hains, Erhörungswonne

Floß, wie Thau in schmachtende Rosenkelche,

Ihr in die Seele!


Quelle! dich grüßt mein Blick mit Sehnsuchtsthränen!

Jede Blume, worauf die Holde kniete,

Will ich sorgsam pflücken, und ihre Urne

Weinend bekränzen!

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 77-78.
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