Das Eisen

[200] 1815.


Nur Eisen, nur Eisen!

Gebt mir ein Schwert!

Ich will mich beweisen

Vaterlands werth.


Mich zieht nach Gefechten

Freudiger Muth,

Dem Wahren, dem Rechten

Gehört mein Blut.


Hinein in Gefahren!

Hinan zu den Höh'n,

Wo fröhlich die Schaaren

Der Brüder stehn!


Vergebens mein Streben,

Die Kampfbegier!

Es zehret am Leben

Die Krankheit mir.
[200]

Doch kann ich nicht lassen

Vom Waffenhall,

Muß immer dich fassen,

Heilig Metall.


Macht nimmer dein Blinken

Die Seele mir hell,

So will ich dich trinken

Im Sprudelquell.


O seht, wie es rauschet,

Perlet und gährt!

Ich habe gelauschet

Am tiefsten Herd.


So hell in der Sonne

Wächset der Wein;

Auch unten, o Wonne!

Gibt's ein Gedeihn.


Die Wasser, sie ringen

Sich freudig los,

Die Erze durchdringen

Der Erde Schooß.


So wirke von innen,

Du Eisenflut,

Und stähle mir Sinnen

Und Leib und Muth!


Wie will ich dann stehen

Ein Eisenmann,

Will eilen und gehen

Zum Kämpferplan.


Die Unbilde rächen

Am Schandgeschlecht,

Und streiten und sprechen

Für Gott und Recht.
[201]

O heilige Wasser,

Willkommen mir!

Ein liebender Hasser

Trink' ich euch hier.


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 200-202.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
Gedichte

Buchempfehlung

Holz, Arno

Phantasus / Dafnis

Phantasus / Dafnis

Der lyrische Zyklus um den Sohn des Schlafes und seine Verwandlungskünste, die dem Menschen die Träume geben, ist eine Allegorie auf das Schaffen des Dichters.

178 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon