An Ludwig Tieck

[303] Wohl mancher hofft', im neuen Licht zu leben,

Es muß die trübe Nacht ja endlich schweigen;

Und hätte, sich dem Morgenrot zu neigen,

Sein Liebstes freudig opfernd hingegeben.[303]


Der wollt' uns kühn zur alten Kunst erheben,

Gebildet der des Lebens Massen zeigen,

Dir schien des Witzes buntes Füllhorn eigen;

Doch blieb das Beste nur ein liebend Streben.


Da nahte Genovev' in frommer Schöne;

Wer fühlt nicht, daß die Poesie gekommen,

Nun kindlich wieder blüht in holder Klarheit?


Sei Freund, im Kranz der Liebe mir willkommen!

Es leiten dich des Glaubens süße Töne;

Und tief und tiefer keimt im Herzen Wahrheit.


Quelle:
Friedrich von Schlegel: Dichtungen, München u.a. 1962, S. 303-304.
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