Neuntes Kapitel.

Ursprung und Anfang geistlicher Sachen.

[269] 1. Adventszeit.


Die katholische Kirche fängt ihr Kirchenjahr von jener Zeit an, wo man sich durch besondere Andachtsübungen zur Ankunft und dem Empfange Jesu unsers Erlösers auf eine würdige Art vorbereiten soll. Die ganze Vorbereitungszeit heißt Advent, Adventszeit, Vorbereitungszeit zum heiligen Weihnachtsfeste. Heut zu Tage fängt die Adventszeit vom vierten Sonntage vor dem Weihnachtsfeste an. Ehemal fieng sie um drey Wochen früher, oder am siebenten Sonntage vorher an, und man hielt vor dem Weihnachtsfeste eine Fasteu, wie dermal vor dem Osterfeste. Für jetzt wird an sehr vielen Orten täglich die heilige Messe gehalten,[269] die anfängt; Rorate, etc. das ist: Thauet, ihr Himmel, und ihr Wolken regnet den Gerechten herab! wodurch die Sehnsucht der Gläubigen nach der Ankunft des Erlösers erwecket wird.


2. Das heilige Weihnachtsfest.


Als Cäsar August sich zum Herrn über die römische Republik gemacht, seinem ganzen Reiche den Frieden gegeben, und, zum Zeichen, daß man keinen Krieg führen solle, den Tempel des Janus zum drittenmal geschlossen hatte, stellte er in allen ihm unterworfenen Provinzen und Ländern eine allgemeine Volkszählung an, um die Anzahl seiner Unterthanen und die Stärke seiner Einkünfte zu erfahren; zu welchem Geschäffte er vier und zwanzig Bevollmächtigte ernannte. Nachdem dieser Befehl des Augustus bekannt gemacht worden, reisete Jeder, um sich aufzeichnen zu lassen, in die Stadt, woraus er, oder seine Familie herstammete. Auch Joseph reisete sogleich von Nazareth, einer kleinen Stadt in Galiläen, wo er wohnete, ab, und kam nach Judäa, in die Stadt Davids, mit Namen Bethlehem, um sich mit seiner Braut, Maria, die vom heiligen Geiste empfangen hatte, aufzeichnen zu lassen. Während Joseph und Maria sich hier aufhielten, kam ihre Geburtsstunde, und sie gebahr Jesum Christum, den Welterlöser in einem Stalle außer dem Flecken, weil sie in der Herberge keinen Platz mehr fanden. Hier ward[270] also der Sohn Gottes am 25 Dezember in der Nacht, nach einer alten Tradition der Kirche, und nach der gemeinsten Zeitrechnung im Jahre 4000 nach Erschaffung der Welt von einer unbefleckten Jungfrau gebohren. Maria wickelte ihr neugebohrnes göttliches Kind in Windeln, und legte es in eine daselbst befindliche Krippe, woraus das Vieh, das, nach seiner Rückkehr vom Felde, in diesen Stall gebracht wurde, zu fressen pflegte. Sogleich verkündigten die Engel den sich in der Nähe von Bethlehem, in einer Gegend, die man den Thurm Ader nannte, befindenden Hirten diese allgemeine Freuden: welche zu dem Stalle hineilten, und dort Mariam, Joseph und das Kind in der Krippe fanden.

Die Kirche feyerte das Angedenken dieses großen Geheimnisses von ihrem Anfange her bis jetzt auf das herrlichste. Vor Zeiten war allen Geistlichen bey schärfester Strafe gebothen, daß an diesem Feste keiner von seiner Kirche sich entfernete, oder abwesend wäre. Die Andacht war allgemein, und die ersten Christen brachten fast die ganze heilige Nacht mit Psalmensingen und andern Gebethen zu. Manchmal erschienen auch Kaiser und Könige in der Mette, welche noch jetzt in der Nacht gehalten wird, und lasen die fünfte Lektion öffentlich im Chor ab, zogen das Schwert, und schwungen es in die Höhe unter besondern Ceremonien, wodurch sie ihre Bereitwilligkeit, die heilige Religion zu schützen, zeigeten, Es werden auch[271] drey heilige Messen von eben demselben Priesier gelesen, welcher Gebrauch den heiligen Pabst Telesphorus vom zweyten Jahrhundert zum Urheber haben soll. Wir sollen uns dabey der dreyfachen Geburt Jesu Christi erinnern: der ewigen, kraft welcher er der eingebohrne Sohn des ewigen Vaters genannt wird; der zeitlichen, aus Maria der Jungfrau; der geistlichen, durch die Gnade, in der Seele jeder Frommen und Rechtgläubigen. Vor Zeiten pflegte man bey der ersten Messe brinnende Kerzen zu opfern, wodurch die Gottheit Jesu, des neu erschienenen Lichtes der Welt angedeutet wurde. Bey der zweyten opferte man Brod zur Bedeutung der Menschheit Jesu, die er annahm, und wodurch er uns das Brod des Lebens hernach zu seinem Andenken zu genießen hinterließ. Bey der dritten opferte man Geld, und erinnerte sie dabey, daß, wie auf der Münze das Bildniß des Landesregenten ausgedrückt ist, so wurde die menschliche Natur mit der göttlichen Person Jesu, vereinbaret, und die Gottheit durch die Menschheit gleichsam sichtbar ausgedrückt. Endlich zur Freudenbezeugung und Feyerlichkeit dieses Festes wird auch kein Fasttag, wenn einer darauf fiel, gehalten, und selbst am Freytage und Samstage, wann dieses Fest darauf eintrifft, werden Fleisch speisen genossen.


3. Das Fest der Beschneidung Jesu.


Acht Tage nach der Geburt ward Jesus dem jüdischen Gesetze gemäß beschnitten, und ihm der[272] Name Jesus gegeben, ein Name, der nicht von den Eltern ausgedacht, sondern schon, ehe das Kind gebohren war, von Gott bestimmt und den Eltern durch den Engel geoffenbaret war. Ein Name, der nach dem damaligen Sprachgebrauche Denjenigen bedeutete, auf den sie so sehnlich warteten, ihren Erlöser.

In der alten Kirche wurde dieß als ein dreyfaches Fest so andächtig als feyerlich gehalten. Es ist 1) die Oktav der Geburt Jesu; 2) das Fest seiner Beschneidung, wo er den heilbringenden Namen Jesus erhalten; und 3) der Anfang des neuen bürgerlichen Jahres, an dessen Vorabende man allemal einen Buß- und Fasttag wegen den vergangenen Sünden hielte; den ersten Tag des Jahrs aber als einen Freudentag mit vielen guten Entschlüssen zur Besserung und zum Anfange eines neuen Lebens mit dem neuem Jahre heiligte. Und weil das abergläubische Heydenthum gerade diesen Tag mit allen Lastern und Ausschweifungen begieng; so verordnete die Kirche, zu Ersetzung der Unbilden, die da Gott zugefüget wurden, einen allgemeinen Festtag. Anstatt eitler Gesänge, sangen die Christen desto länger und andächtiger in der Kirche. Man ließ das Alleluja, wie in der vierzigtägigen Fasten, aus; und Alles war voll Andacht und Erbauung.


4. Das Dreykönigfest.


Als Jesus unter der Regierung des Königs Herodes gebohren ward, kamen bald nach[273] seiner Geburt die Weisen aus Morgenlande durch Anleitung eines Sternes, der ihnen den Weg wies, zu dem Stalle, worinn das göttliche Kind war. Sie giengen freudig hinein, warfen sich vor dem neugebohrnen Erlöser, wie vor einem regierenden Könige, nieder, öffneten ihre Schätze, und machten ihm das Kostbarste zum Geschenke, was sie im Morgenlande hatten: Gold, als das kostbarste Metall; Weihrauch zum Räuchern; Myrrhen zu einem wohlriechenden Oele oder einer Salbe.

Dieß Fest wird sonst Epiphania, das ist, die Erscheinung des Herrn genannt, und die Kirche feyert eine dreyfache Erscheinung Jesu, welcher sich zu verschiedenen Zeiten und Jahren sonderlich gezeiget, und seine Gottheit geoffenbaret hat. Und zwar 1) erinnert sie sich der Erscheinung Jesu bey der Anbethung der Weisen aus Morgenlande, die auch wir Alle ihm schuldig sind; 2) der Erscheinung durch die Taufe, die er im Flusse Jordan vom Johannes empfieng; und 3) der Erscheinung durch das erste Wunder bey der Hochzeit zu Kana in Galiläa, wo er zuerst seine Gottheit durch ein Wunder offenbarte. An diesem Feste wurden die heiligsten Handlungen vollzogen, als z.B. die öffentliche Taufe aller Neubekehrten, und die Einweihung Derjenigen, die sich zur Keuschheit und Jungfrauschaft verlobten. Vor Alters wurde auch an diesem Feste das heilige Oel zur Firmung und letzten Oelung[274] und, und das Weihwasser öffentlich geweihet. Allenthalben wurde dieses Fest so feyerlich, als selbst das Weihnachtsfest, und im manchen Orte auch die Mette und das Hochamt in der Mitte der Nacht, oder doch vor Anbruche des Tages gehalten. Viele Christen, und selbst Könige opferten, nach dem Beyspiele der drey Weisen, Gold dem Könige aller Könige; Weihrauch dem Sohne Gottes; und Myrrhen dem Menschensohne, der sich vom Throne Gottes herunterließ, Mensch ward, und sich allen menschlichen Gebrechlichkeiten unterwarf.


5. Die Sonntage

Septuagesima, Sexagesima, Quinquagesima.


Der Sonntag, Seqtuagesima genannt, bedeutet so Viel, als beyläufig siebenzig Tage vor Ostern; Sexagesima sechzig; Quinpuagesima fünfzig Tage vor Ostern. Vor Alters fieng also die Fasten siebenzig Tage vor Ostern, das ist, am Sonntage Septuagesima an: weil die Kirche so viele Tage zur Fasten und Buße gewiedmet wissen wollte, als das Menschenalter Jahre zählt; es reicht aber ordentlicher Weise das Menschenalter nicht über die siebenzig Jahre. Und von Septuagesima bis Ostern an hört man das fröhliche Alleluja nicht mehr.


[275] 6. Der Aschermittwoch.


Dieser Mittwoch erhielt seinen Namen von der Gewohnheit der alten Kirche, da die öffentliche Buße noch im Gebrauche war. Man streuete diesen Büßern Asche auf ihre Köpfe, und führte sie mit einer nachdrücklichen Ermahnung zur Kirche hinaus, daß sie nun über ihre Sünden Buße thun, wachen, fasten, bethen, Almosen geben, sich mit Gott durch eine wahre Buße versöhnen, und dann wieder zurückkehren sollen. Die katholiche Kirche hat zwar aus erheblichen Gründen diese öffentliche Buße aufgehoben; sie behielt aber die Aschenweihe und Aufstreuung der Asche zu einer erbaulichen Erinnerung bey, daß nunmehr die Bußzeit anfange, wo sich der stolze Mensch seines Ursprunges aus Staube und Asche erinnern, an den Tod denken, und sich einzig mit Gott, und dem Andenken des schmerzhaften Leidens seines eingebohrnen Mensch gewordenen Sohnes unterhalten soll. Zu diesem Ende werden auch an diesem Tage in der Kirche die Altarblätter mit einem Fürhange bedeckt, und bloß der gekreuzigte Heiland mit etlichen Leuchtern auf den Altar gestellet.


7. Die vierzigtägige Fasten.


Die berühmtesten Kirchenväter glaubten, die Beobachtung der vierzigtägigen Fasten stamme von den Aposteln her, oder sey wenigstens[276] nicht viel jünger, als das erste Jahrhundert. Viele haben die Anordnung derselben dem heiligen Papste Telesphorus zugeschrieben. Es ist indessen zu gestehen, daß zu den Zeiten dieses Papstes noch keine Verordnung, in Betreff der Art oder Zeit dieser Fasten vorhanden war. Erst gegen die Mitte des dritten Jahrhunderts fieng man an, die Beobachtung der vierzigtägigen Fasten als ein Gesetz anzusehen, das nach und nach aufgekommen, und in der ganzen Kirche allgemein geworden war. Die ersten Christen hielten diese Fasten auf das strengste. Sie aßen des Tages nur einmal, und dieß erst am Abende. Sie enthielten sich nicht nur vom Fleischessen, sondern auch vom Weine. Die Frömmern nahmen gar nur Früchte und Gartengewächse zu sich. Die Kirchenväter erinnerten die Christen auf das nachdrücklichste, deß sie sich nicht allein von Speise und Tranke, sondern hauptsächlich von Sünden und Lastern, besonders gegen die Nächstenliebe, enthalten sollen. Uebrigens wurden durchaus alle öffentliche Lustbarkeiten eingestellt, und in einigen Orten auch alle Jagden, und Streithändel vor Gerichte verbothen.


8. Die Charwoche.


Es hat diese heilige Woche verschiedene Namen in der Kirche erhalten. Sie wird die große Woche genannt; nicht deßwegen, wie der heilige Chrysostomus saget, als ob sie[277] mehr Tage hätte, als die übrigen, sondern wegen der Größe und Menge der Geheimnisse, die man in derselben feyert. Man findet sie ferner, wegen der Martern und Leiden Jesu Christi, mit dem Namen der Leidens- oder Marterwoche bezeichnet; auch heißt sie die Ablaßwoche, weil man in derselben die Bußfertigen zur Loßsprechung annahm. Aber die Namen heilige Woche oder Charwoche sind unter dem Volke die bekanntesten geworden. Unsere alte Deutschen sollen sie auch von undenklichen Zeiten her die Charwoche genannt haben, um hiedurch anzuzeigen, daß sie größtentheils in den Kirchen, im Chore, bey den öffentlichen allgemeinen Gottesdiensten solle zugebracht werden. Woher aber das Wort Charwoche komme, ist nicht leicht zu errathen; indem es Einige von dem lateinischen Charus, lieb, werth; Andere von Carus, karg oder sparsam; ja gar Einige von Carrus, oder Karren, Rumpelkarren herleiten. Dem sey, wie ihm wolle; so Viel ist gewiß, daß in der ersten Kirche kein Christ war, er mochte auch noch so wenig Eifer haben, der nicht die Fasten dieser Woche vor jener in den vorhergehenden auszuzeichnen sich beeiferte. Einige brachten die ganze Woche zu, ohne eine Mahlzeit zu halten; Andere vier Tage nach einander; Andere drey; Andere wenigst zwey. Kurz: Alle waren darauf bedacht, mit Wachen, Bethen, Lesen und andern Buß- und Andachtsübungen diese Tage zu heiligen.[278] Unsre liebe Mutter die katholische Kirche suchet in diesen Tagen durch erbauliche Ceremonien und sinnliche Vorstellungen den Geist der Andacht zu befördern, und uns dadurch die größten Geheimnisse der Leidensgeschichte Jesu fühlbar und empfindsam zu machen.1

Fußnoten

1 Wer sich genauer und insbesondere mit den in der Charwoche üblichen Ceremonien bekannt machen will, der mag unter andern Leonard Valentin Mayrs heilige Charwoche, welche im Jahre 1785 zu Augsburg bey den Gebrüdern Kieger erschienen, zu Rathe ziehen, wo er Alles pünktlich erkläret finden wird.


9. Das heilige Osterfest.


Dieß ist das erste und herrlichste unter allen Festen der christlichen Religion. Es heißt lateinisch Pascha, hebräisch Phasé, das ist ein Durchzug, Uebergang; und kömmt daher, weil der Würgengel, der in Aegypten alle Erstgebohrne erschlagen, jene Häuser der Juden, die das Osterlam gegessen, und mit dessen Blute ihre Thürpfosten besprenget hatten, übergangen hat; und die Juden noch selbe Nacht aus der ägyptischen Gefangenschaft gezogen, und durch das rothe Meer, in welchem hernach Pharao ersoffen, in das gelobte Land übergegangen sind. Weil nun wir Christen durch das Blut und die Auferstehung Christi, welcher das wahre Osterlamm war, von der Sünde und des Satans Gewalt erlöset,[279] und er uns nach erhaltenem Siege über den Tod das ewige Leben geschenkt, und die ehemal verschloßnen Pforten des Himmels geöffnet hat; darum nennen wir den Tag seiner Auferstehung auch Phase, oder Pascha, den Uebergang. Die österliche Feyerlichkeit wurde von den ersten Christen acht Tage durch gehalten; Man enthielt sich aller knechtlichen Arbeit, aller weltlichen Geschäffte, Gerichtshändel und aller Lustbarkeit: lag bloß dem Gebethe, der Lesung der göttlichen Schrift, den Psalmen, und Freudengesängen über die Auferstehung Jesu ob: und dieß ward nicht nur durch geistliche Gesetze von den Bischöfen und Kirchenversammlungen, sondern auch von den weltlichen Regenten anbefohlen. Man übte sich in verschiedenen Tugenden und Liebswerken, gab reichliches Almosen, und dachte auf Erlösung der Gefangenen; wie dann von dem weltlichen Gerichte Einer oder Zwey von Denen, die auf den Tod im Gefängnisse lagen, der Geistlichkeit, die darum bath, losgegeben wurden.


10. Das Fest der Himmelfahrt Christi.


Dieß große Fest wurde, der sogenannten apostolischen Verordnung zufolge, von den heiligen Aposteln zu halten befohlen. Die ersten Christen hielten an diesem Feste einen feyerlichen Umgang. Alle Priester trugen dabey brinnende Kerzen. Am Ende gieng die ganze Prozession in den Chor zum Altare hin,[280] und es wurde das feyerliche Hochamt gehalten. Schon vor neunhundert Jahren ward auch an diesem Tage das Brod und die neuen Früchte geweihet, und nach der Weihe unter dem Volke ausgetheilt. Es ist noch ferners hier zu merken, daß man zu des Euseb Zeiten, welcher im Amfange des vierten Jahrhundertes lebte, aus einer Uebergabe den Ort zu wissen glaubte, von welchem Jesus gen Himmel fuhr, und man behauptete, daß es der erhabenste Ort des Oelbergs wäre. Ein sehr alter Schriftsteller, welchen Viele für den heiligen Hieronymus selbst gehalten haben, ingleichem der heilige Paulin von Nola, Sulpitius Severus, der heilige Augustin, und der ehrwürdige Beda melden, daß Jesus Christus bey seiner Himmelfahrt seine Fußstapfen zurückgelassen habe, welche in die Erde eingedrückt waren. Die heilige Kaiserinn Helena ließ auf diesem Platze des Oelberges eine Kirche bauen, welche aber in den Kriegen der Sarazenen zerstöret wurde. Nachher bauete man eine Kapelle dahin, welche ganz gewölbt wurde, und man grub Fußstapfen in einen Stein, nur zur Nachahmung der wahren, welche die Füße unsers Herrn zurückgelassen hatten.


11. Das heilige Pfingstfest.


Auch dieses Fest wurde von der ersten Christenheit, wie alle andere Feste des Herrn, mit größter Feyerlichkeit, Andacht und Erbauung gehalten. Am Vorabende wurde der[281] ganze Vormittag in der Kirche zugebracht. Die Mette wurde in der Nacht gehalten, und alle Psalmen gesungen. Nach dieser Zubereitung zum Empfange des heiligen Geistes wurde die Terz unter dem Schalle sämmtlicher Glocken angefangen, die ganze Kirche mit viel hundert Kerzen beleuchtet, und verschiedene Gattungen von Blumen auf den Boden der Kirche hingestreuet, hiedurch die Freude wegen Empfangung der verschiedenen Gaben des heiligen Geistes zu zeigen. Vor dem Altare knieeten sich die vornehmsten Geistlichen hin, und räucherten den Altar an; drey andere Geistliche giengen mit den Rauchfässern rings in der Kirche herum. Alles dieß geschah, durch dergleichen sinnliche und sichtbare Zeichen das Volk an die unsichtbaren Gnaden, und besonders durch die brinnenden Kerzen an die Ankunft des heiligen Geistes zu erinnern, der in Gestalt feuriger Zungen sich über die Apostel ergoß.


12. Das Fest der allerheiligsien Dreyfaltigkeit.


Obschon es kein Fest in der christkatholischen Religion giebt, welches nicht zugleich das Fest der heiligsten Dreyfaltigkeit ist, weil Alles, was man an dergleichen Tagen ehret nur zu einem Mittel dienen soll, die heiligste Dreyfaltigkeit zu verehren, und uns zu ihr[282] zu erheben, als zum wahren und einzigen Gott und Ziele unsers Gottesdienstes; so haben doch zu Anfange des zehnten Jahrhundertes einige Bischöfe für schicklich geachtet, ein besonders Fest für diesen Gegenstand aufzubringen, damit sie der Frömmigkeit ihrer Völker einen neuen Stoff darzu geben möchten. In dieser Absicht ließ Stephanus, Bischof von Lüttich, um das Jahr 920, die Tagzeiten dazu verfertigen. Richarius, sein Nachfolger, gab einen Befehl, diese Tagzeiten zu gebrauchen, und das Fest der heiligen Dreyeinigkeit zu feyern. Die römische Kirche wollte Anfangs diese Anordnung nicht begünstigen: und erst im vierzehnten Jahrhunderte nahm sie dieses Fest an, unter dem Papste Johannes XXII. welcher den Sonntag nach Pfingsten zur Feyer desselben bestimmte, und sein Offizium an die Stelle der Tagzeiten der Oktav setzen ließ.


13. Das Fronleichnamsfest, insgemein das Fest Corporis Christi genannt.


Dieses große Fest nahm seinen Anfang in der berühmten Stadt Lüttich. Es lebte damals eine gottesfürchtige Klosterfrau Juliana, die aus ganz besonderer Andacht gegen das allerheiligste Altarssakrament den damaligen Bischof Robert bath, daß er ihren Gedanken mit Gott überlegen, und das Fest des Fronleichnams unsers Herrn Jesu Christi in[283] seinem Kirchsprengel aufs feyerlichste einführen, und halten lassen sollte. Der Bischof ließ die Tagzeiten und die heiligen Meßgebethe wirklich verfertigen; starb aber darüber. Gerade dazumal war der Kardinal Hugo, ein Dominikaner, als apostolischer Legat da, und dieser führte das Werk vollkommen aus, welches der Bischof Robert anfieng. Er schrieb an alle Erzbischöfe, Bischöfe, und andere Kirchenprälaten, eröffnete ihnen seine Gesinnung und brachte ihnen zu seinem Zwecke die wichtigsten Gründe bey. Alle Kirchenvorsteher nahmen den Auftrag mit willigster Folgeleistung an, und ein gewißer Stephan, Kanonikus zu Lüttich, gab den größten Theil seines Vermögens als eine Stiftung dazu her; auf diese Art gieng die Feyerlichkeit in der Kirche bey St. Martin zum erstenmale mit großem Zulaufe und Andacht vor sich. Der Papst Urban IV. bestättigte nicht nur dieses Fest, sondern befahl auch im Jahre 1262, daß es im ganzen katholischen Christenthume aufs feyerlichste gehalten werden sollte. Der heilige Thomas von Aquin hat die Tagzeiten und Lobgesänge dazu verfertiget.


14. Das Fest der unbefleckten Empfängniß Mariä.


Dieses Fest ist uralt, indem solches schon bey den Griechen in der orientalischen Kirche[284] heilig gehalten worden; wie dann Petrus de Natalibus bezeuget, daß mans schon vor 100 und mehr Jahren gehalten. Der heilige Bischof Anselm hat solches in England schon im Jahre 1008 celebriret. Papst Sixtus IV. aber hat solches um das Jahr 1476. in der allgemeinen Kirche zu halten befohlen.


15. Das Fest Mariä Geburt.


Dieses Fest soll seinen Anfang von dem Papste Innozent IV. im Jahre 1250 haben, wiewohl schon der heilige Gregor und der heilige Ildephons von diesem Feste Meldung thun.


16. Das Fest Mariä Opferung.


Dieses Fest hat seinen Ursprung von dem Papste Pius II. im Jahre 1458, welches hernach Papst Paulus II. im Jahre 1464 nicht nur bestättiget, sondern auch Denjenigen Ablaß verliehen, die dieses Fest celebriren würden. Papst Sixtus V. aber hat solches Fest in der ganzen Welt zu halten befohlen, im Jahre 1585.


17. Das Fest Mariä Lichtmeß.


In dem Heydenthume hielten jährlich die römischen Frauen, gleich im Anfange des Februarius ein großes Lichtfest, liefen durch die ganze Stadt Rom mit angezündeten Fackeln herum, zum Andenken, daß auch die Göttinn Ceres ihre von dem Höllengott Pluto[285] entführte Tochter Proserpina mit einer brinnenden Fackel gesuchet hat. Dieses heydnische Lichtfest aber hat Papst Gelasius I. der im Jahre 492 regierte, abgeschaffet, und anstatt dessen das christliche Lichtmeßfest zu Ehren der allerreinesten Jungfrau Mariä eingesetzt. Papst Sergius, der im Jahre 687 regierte, hat dieses Fest erst in Schwung gebracht, und dabey verordnet, daß man jährlich auf den zweyten Tag des Hornungs die Kerzen weihen, und mit geweihten brinnenden Kerzen in angestellter Prozession herumgehen soll; wie er dann selbst zu Rom die Kerzenprozession, von der Kirche St. Adrian bis in die Kirche St. Mariä majoris, mit dem Klerus gehalten.


18. Das Fest Mariä Verkündigung.


Der Ursprung dieses Festes ist zwar eigentlich nicht wohl bekannt; doch ist glaublich, daß es zu Zeiten des Ketzers Nestorius um das Jahr 430 zu halten befohlen worden, als welcher Mariä der Jungfrau die wahre Mutterschaft Gottes verneinete.


19. Das Fest Mariä Heimsuchung.


Dieses Fest hat anfänglich eingesetzt Papst Urban VI. im Jahre 1378, welches hernach Papst Bonifaz IX. im Jahre 1389 bestättiget. Die Ursache dessen war, damit der gütige Gott durch die mächtige Fürbitte Mariä[286] die gefährliche Spaltung, welche durch die Wahl Urbans VI. entstanden, möchte von der Kirche abwenden.


20. Das Fest Mariä Himmelfahrt.


Dieses Fest ist schon uralt. Es ist solches auf Begehren des Kaisers Mauritius, der im Jahre 582 regierte, in ganz Orient, und bald darauf in Occident eingeführt worden. Es thut auch von diesem Fest schon der heilige Gregor, wie auch der heilige Bernhard Meldung.


21. Das Fest aller Heiligen.


Dieß Fest hat von dem Papste Bonifaz IV. seinen Ursprung. Denn, nachdem er zu Rom den Tempel, Pantheon genannt, von allen falschen Göttern gereiniget, hat er selben zur Ehre der seligsten Jungfrau Maria und aller Heiligen im Jahre 609 eingeweihet. Weil aber dieß Fest nur allein in Rom gehalten wurde, befahl der heilige Gregor IV. solches in der ganzen Christenheit den 1. November feyerlich zu halten.


22. Das Gedächtniß aller Seelen.


Daß die katholische Kirche am folgenden Tage nach aller Heiligen das Gedächtniß aller Seelen im Fegfeuer begeht, kömmt von dem heiligen Odilo, einem französischen Benediktinerabte zu Kluniak, ums Jahr 998, her. Denn er war der Erste,[287] der diesen Tag in seinen Klöstern zu halten befohlen hat; welchen so löblichen Gebrauch hernach die ganze katholische Kirche gutgeheißen, und angenommen hat. Amalarius Fortunat, Erzbischof zu Trier, soll die Tagzeiten für die Abgestorbenen verfasset haben.


23. Erster Papst, und Statthalter Christi.


Dieser war der heilige Petrus der Apostel, welchen Christus selbst für das Haupt aller seiner Jünger und der ganzen Kirche bestellet hat, mit diesen Worten: Tu es Petrus, & super hanc Petram ædificabo Ecclesiam meam; Du bist ein Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen etc. Und diese Obrigkeitsstelle hat Christus nicht nur für die Person Petri allein gegeben, sondern auch für Diejenigen, die dem Petrus in dem Amte nachfolgen werden: denn Christus wollte seine Kirche nicht nur stehen und regieren lassen, so lang Petrus lebte, sondern bis ans Ende der Welt.

Nachdem die heiligen Apostel nach der Himmelfahrt Christi, den heiligen Geist empfangen, haben sie sich, wie jeden das Loos getroffen, in unterschiedliche Länder ausgetheilet, um die Lehre Christi zu verkündigen. Der heilige Petrus gieng nach Antiochia in Syrien, und nahm allda seinen ersten Bischofssitz. Nach einigen Jahren aber, nämlich[288] im Jahre 34 reisete er nach Rom, und legte also den Grund zum päpstlichen Stuhle daselbst. In der Verfolgung des römischen Kaisers Nero wurde er mit auf den Boden hangendem Haupte, im Jahre Christi 65, zu Rom gekreuziget. In eben diesem Jahre und Tage wurde auch der heilige Apostel Paulus zu Rom enthauptet.


24. Ursprung des Christen Namens.


Anfangs wurden Diejenigen, die an Christum glaubten, Nazarener genannt, weil Christus von Nazareth war; in dem Konzilium aber, so der heilige Petrus zu Antiochien, im Jahre 52, gehalten, wurde unter andern Sachen verordnet, daß nach Christi Namen alle Diejenigen, welche seine Lehre annehmen würden, Christen sollen genannt werden. Weil sich aber hernach die Karpokratianer, eine gewise Rotte Ketzer, auch Christen nannten, hat man den Namen Katholisch zum Unterschiede hinzugethan.


25. Erster Christliche Martyrer.


Dieser ist der heilige Stephan. Er verkündigte ganz eifrig zu Jerusalem das Evangelium, machte sich aber bey der dortigen Synagoge der Juden dadurch sehr verhaßt. Sie disputirten heftig mit ihm, konnten ihn aber nicht überwinden; darüber ganz rasend stießen sie ihn zur Stadt hinaus, und brachten ihn auf den Platz, darauf man die Gotteslästerer pflegte[289] zu versteinigen; Stephan aber schrie zu Gott mit heller Stimme: O Herr Jesu! nimm meinen Geist auf; darnach kniete er nieder, und rief abermal mit heller Stimme: O Herr! rechne ihnen diese Sünde nicht zu. Als er dieß gesagt hatte, ist er selig im Herrn entschlafen, im Jahre Christi 33, bald nach der Himmelfahrt Christi.


26. Erster Ketzer.


Dieser war Simon Magus, ein Heyde und Zauberer zu Rom. Er ließ sich taufen, und weil er sah, daß die heiligen Apostel allerhand Wunder thaten, so meynte er, er wollte ihnen solche Kraft um ein Geld abkaufen, bekam aber vom heiligen Apostel Petrus den Fluch dafür. Darauf wurde Simon wieder ein Heyde und Zauberer. Er leugnete die Auferstehung der Todten, und ließ zu, die geistlichen Sachen zu kaufen; ja, er sagte von sich selbst, er sey die Kraft Gottes, und herrsche über alle Engel; deßwegen ihn der Kaiser Nero sehr hoch schätzte. Einsmals versprach er dem Nero, er wolle ihm lebhaft vorstellen, wie Ikarus in der Luft herum geflogen sey; als ihn nun der Teufel schon ziemlich hoch hinauf geführet hatte, fiel der heilige Petrus, der dabey war, auf die Kniee, und bethete Christum an: da stürzte Simon, dieser Erzzauberer vor des Kaisers Füßen herunter, und brach das Genick, im Jahre Christi 65. Von diesem Simon kömmt her[290] die Simonie; und werden noch heute alle Diejenigen, welche etwas Geistliches kaufen oder verkaufen, Simoniaci oder Simonisten genannt.


27. Erste Hauptverfolgung der Christen.


Diese geschah unter dem römischen Kaiser Nero, im Jahre Christi 64. Er war ein Erzfeind der Christen. Als ihm die Stadt Rom nicht gefiel, weil darinn allzu viel alte Häuser waren, ließ er selbe zu Nachts anzünden; und da er sah, daß die Stadt darum rebellisch wurde, zog er den Kopf aus der Schlinge, und ließ ausspringen, es haben die Christen das Feuer angelegt. Damit aber seine Falschheit nicht an Tag käme, fieng er an, die Christen grausam zu verfolgen. Er ließ sie in die Häute der wilden Thiere einnähen, und von den Hunden zerreißen. Etliche ließ er in Wachs und Pech einwickeln, und zu Nachts anstatt der Kerzen anzünden. Etliche ließ er nackend ausziehen, und mit Händen und Füßen ans Kreuz nageln. Den heiligen Petrus ließ er kreuzigen, und den heiligen Paulus enthaupten. Er ließ sogar seiner Mutter den Bauch aufschneiden. Ihr war noch in der Kindheit des Nero geweissaget, Nero, ihr Sohn, werde Kaiser werden, aber seine Mutter umbringen; allein, sie sagte dazu: Perimat, dum imperet, das ist: Wenn er nur Kaiser wird, hernach mag er mich gleichwohl umbringen.[291]

Ueber solche Grausamkeit, die Kaiser Nero überall ausübte, war der römische Senat also verbittert, daß er einhällig beschloß, Nero soll lebendig an den Schweif eines Pferdes gebunden, durch öffentliche Gassen der Stadt Rom geschleifet, und nachgehends aufgehenkt werden. Nero aber kam diesem Urtheile vor, floh aus der Stadt, und als man ihm nachsetzte, erstach er sich selbst, im Jahre Christi 68, seines Alters 32.


28. Erster christliche Kaiser.


Dieser ist Konstantin I. der Große. Er war zuvor ein Heyde; wurde aber vom Papst Sylvester I. bekehret. Hierauf haben die Verfolgungen der Christe; aufgehöret, und die katholische Kirche das Haupt frey empor gehoben. Er ließ Kirchen erbauen, die Götzenbilder zerbrechen, und das heilige Kreuzzeichen öffentlich verehren: denn im Kriege wider den Maxenz sah er im Himmel ein glänzendes Kreuz, mit der Ueberschrift: In hoc signo vinces: In diesem Zeichen wirst du überwinden. Sonst saget man, er habe dem Papst Sylvester die Herrschaft über die Stadt Rom geschenket. Er starb zu Nikomedien, im Jahre Christi 337, seines Alters 66.


[292] 29. Erste öffentliche Kirche.


Es waren zwar schon zu Zeiten der heiligen Apostel viel Oerter, wo die Christen zusammen kamen, und ihren Gottesdienst verrichteten, aber keine öffentliche, wegen der allzu großen Verfolgung. Als aber Konstantin, der Kaiser, ein Christ geworden, fiengen die Christen an, öffentliche Kirchen zu bauen. Kaiser Konstantin bauete zum allerersten zu Rom in seinem Palaste, Lateran genannt, eine herrliche Kirche, um das Jahr Christi 318. Nach dieser erbauete er zu Rom im Jahre 324 zwo andere Kirchen, eine zu Ehren des heiligen Petrus, die andere zu Ehren des heiligen Paulus, zu derer Fundament er mit eigner Hand 12 Körbe voll Erde aus dem Boden gegraben, und auf seinen kaiserlichen Schultern hinweggetragen; und solches zu Ehren der zwölf Apostel.


30. Kreuzerfindung.


Nachdem Kaiser Konstantin den christlichen Glauben angenommen, und die Verfolgung wider die Christen aufgehöret, da wurde die heilige Helena, dieses Kaisers Mutter, von Gott im Schlafe ermahnet, daß sie nach Jerusalem reisen, und das heilige Kreuz erheben sollte. Sie kam im Jahre Christi 326 mit vielem Volke von Rom nach Jerusalem, ließ auf dem Kalvarienberge die Bildniß[293] der Abgöttinn Venus zu Boden reißen, und das heilige Kreuz Christi aus einer sehr tiefen Erde herausgraben. Man fand aber 3 Kreuze in gleicher Größe. Weil man nun nicht wußte, welches das Kreuz Christi wäre, legte der heilige Macarius, Bischof zu Jerusalem, einem todtkranken Weibe eines nach dem andern auf. Sobald sie mit dem Kreuze Christi berührt worden, stund sie frisch und gesund auf. Die heilige Helena theilte hernach das Kreuz Christi in zween Theile: den untersten Theil schickte sie ihrem Sohne Konstantin nach Konstantinopel; den obersten aber ließ sie in einen silbernen Kasten einfassen, und auf den Kalvarienberg in die Kirche, welche sie erbauet, setzen.

Im Jahre Christi 614 nahm Kosroes, König in Persien, die Stadt Jerusalem ein, plünderte die Kirche auf dem Kalvarienberge, und führte das heilige Kreuz von Jerusalem nach Persien wo es 14 Jahre blieb. Der griechische Kaiser Heraclius griff hernach diesen persischen König an, überwand ihn, bekam in dem Friedensschlusse das heilige Kreuz wieder, und brachte es nach Jerusalem, im Jahre 628. Heraklius der Kaiser wollte es nach dem Kalvarienberge tragen; weil er aber allzu kostbare Kleider anhatte, konnte er bey der Pforte, die zu dem Berge Kalvarie führet, keinen Tritt weiter gehen. Da er aber auf Einrathung des dasigen Bischofes Zacharias[294] schlechtere Kleider anlegte, trug er solches Kreuz, ohne einige Verhinderniß, auf den Kalvarienberg.

Aus was für einem Holz aber das heilige Kreuz gemacht gewesen, kommen die Schriftsteller nicht überein. Viele wollen, es sey dieses Kreuz aus vielerley Holz gemacht gewesen, nämlich aus Palmen, Cedern, Cypressen und Olivenholz. Der heilige Anselm hält dafür, es sey von demjenigen Apfelbaume gewesen, von dessen verbothener Frucht der Adam im Paradiese gegessen. Der gelehrte Lipsius aber behauptet, daß es von Eichenholz gewesen sey; weil in dem jüdischen Lande ein große Menge der Eichbäume anzutreffen ist, und auch die Stücke dieses heiligen Kreuzes, welche hin und her zu sehen, also gestaltet sind.

In dem Benediktinerkloster bey St. Emmeran zu Regensburg weiset man in Gold eingesasset vier Stücke vom heiligen Kreuze. In dem Benediktinerkloster zu Scheyern ist ein großer und ansehnlicher Partikel vom heiligen Kreuze zu sehen, welchen Konrad, ein Graf von Dachau von dem Patriarchen zu Jerusalem Heraklit verehret bekommen, und alsdann dem Kloster Scheyern geschenket hat. In dem Benediktinerkloster beym heiligen Kreuze zu Donauwörth sieht man ebenfalls einen überaus schönen Partikel, welcher von dem konstantinopolitanischen Kaiser Roman,[295] dem kaiserlichen Gesandten aus Deutschland, Magnoald, Grafen von Koburg und Dillingen, verehret worden.


31. Erstes Generalkonzilium, oder allgemeine Kirchenversammlung.


Dieses ist das Nicäische Konzilium, welches zu Nicäen, einer Stadt in Asien, unter dem Papste Sylvester, und dem Kaiser Konstantin, im Jahre 325 gehalten worden. Es kamen allda aus der ganzen Christenheit 318 katholische Bischöfe zusammen. Es erschien auch Kaiser Konstantin selbst. Man richtete für ihn einen kleinen goldnen Stuhl, er nahm aber selben nicht an, sondern nahm den letzten Sitz, und setzte sich nicht eher nieder, bis die sämtliche Bischöfe niedergesessen. Dieses Konzilium machte viel Streite in Glaubenssachen richtig, verwarf die Lehre der Arianer, derer Urheber Arius war, welcher lästerte, der Sohn Gottes sey minder als der Vater, er sey nicht von Ewigkeit etc. Es verfaßte dieses Konzilium auch unterschiedliche gute Kirchengesetze, und setzte ihr Glaubensbekenntniß auf, welches das CREDO ist, so man in der Kirche singt.

Man ließ auch die heydnischen Weltweisen zu diesem Konzilium, wenn sie Etwas wider den christlichen Glauben einzuwenden hätten. Einer unter ihnen, der für den Gelehrtesten wollte angesehen seyn, machte viel Wesens; aber[296] der heilige Spiridion antwortete ihm also: Im Namen Jesu Christi, o Weltweiser, höre mich an! hernach machte er eine kurze Erklärung der Lehre Christi, und beschloß es also: Wenn du glaubest, so antworte. Aber der Philosoph erstummte erstlich, und sagte hernach, er könnte Nichts dawider reden.


32. Erste Kirchweihe.


Es hat zwar der König Salomon schon im alten Testamente mit großem Jubel des Volkes, den von ihm erbaueten Tempel Gott geheiliget. Aber im neuen Testamente hat Papst Sylvester die Kirche, welche der erste christliche Kaiser Konstantin, in seinem Palaste Lateran erbauet, zu Ehren unsers Heilandes, zum ersten eingeweihet, im Jahre 325. Und daher kommen die jetzt gewöhnliche prächtigen Kirchweihen. Daß wir aber jährlich die Kirchweihen halten oder das Gedächtnißfest derselben feyern, kömmt von dem Papste Felix her, der in seiner ersten Epistel, im Jahre 357, also anordnet: Solemnitates Dedicationum Ecclesiarum per singulos annos solemniter sunt celebrandæ: Das Fest der Kirchweihe soll alle Jahre feyerlich gehalten werden, welches hernach Papst Gregor der Große bestättiget hat.


[297] 33. Gebrauch, das Kreuz zu machen.


Dieser Gebrauch kömmt von den heiligen Aposteln her, wie es der heilige Basilius bezeuget, welcher im Jahre 370 lebte. Wie dann der heilige Hieronymus eben um diese Zeit in seiner 22. Epistel die heilige Jungfrau Eustochium schon unterwiesen hat, daß sie das Zeichen des heiligen Kreuzes mit den Händen für sich machen soll, so oft sie Etwas thäte, und vorhätte.


34. Gebrauch, den Segen über das Volk zu geben.


Dieser Gebrauch ist schon vor Zeiten des heiligen Chrisostomus und Hieronymus gemein gewesen, wie aus ihren Schriften abzunehmen. Alsdann hat der Kirchenrath zu Agatha im Jahre 540 befohlen, daß Niemand aus der Messe gehen soll, man habe dann zuvor den Segen empfangen.


35. Gebrauch, das Wasser zu weihen.


Dieser Gebrauch soll von dem heiligen Apostel Matthäus herkommen, wie es der heilige Klemens in seinen Konstitutionen beweiset, welcher auch ein Gebeth vorbringt, das dieser heilige Apostel bey Weihung des Wassers zu bethen befohlen. Es hat auch Alexander I. im Jahre 119 diesen Gebrauch allen Priestern zu halten befohlen, mit diesen Worten: [298] Wir segnen das Wasser mit Salze besprenget etc. welches wir allen Priestern befehlen.


36. St. Blasiussegen.


Daß man am Feste des heiligen Blasius mit geweihten Kerzen die Hälse segne, ist ein uralte Gebrauch in der katholischen Kirche, und kömmt daher, weil der heilige Blasius, wie Surius berichtet, in dem Kerker einer gottseligen Frau, die ihm eine Kerze verehrte, versprochen, daß, wer ihn also verehren werde, werde seinen Segen erlangen; wie dann dieser heilig Bischof zu Sebaste, in Armenien, noch bey Lebzeiten vielen Leuten in dem Halswehe geholfen.


37. St. Agathä Zettel.


Diese Zettel kommen daher. Als die heilige Agatha, nachdem sie auf den heißen Kohlen herum gewälzet worden, in dem Kerker ihrer Geist aufgegeben, wurde unter ihrem heiligen Haupte ein kleines Täfelein gefunden, worauf diese Worte stunden, welche ihr zu einer Grabschrift dienen sollten: Mentem sanctam spontaneam, Deo honorem, & Patriæ libertationem. Alsdann hat man angefangen, diese Zettel zu weihen, und an die Hausthüren zu schlagen.


38. Prozessionen oder Kreuzgänge.


Dieser Gebrauch mit dem Kreuze zu gehen, ist sehr alt, indem der heilige Rabanus Erzbischof[299] zu Maynz, der im Jahre 850 gelebet, schon meldet, daß das Volk selbst der Klerisey, mit brinnenden Krezen durch die Stadt Fulda und Maynz, Prozessionen gehalten. Und wie Polider Vergil will, so sind die größeren Prozessionen von dem Papste Leo I. um das Jahr 446, da zu Rom große Erdbeben entstunden, angefangen worden.


39. Kreuzfahnen.


Diese haben ihren Ursprung von den Zeiten Konstantins des Großen, des ersten christlichen katholischen Kaisers, und des heiligen Papstes Sylvester I. Denn dieser Kaiser befahl alle Fahnen seiner Armee mit dem Kreuzzeichen zu bezeichnen, nebst dieser Ueberschrift, welche ihm Gott in der Luft erscheinen ließ: In hoc signo vinces: In diesem Zeichen wirst du überwinden.


40. Gebrauch, die Niesenden zu segnen.


Diese Gewohnheit hat ihren Ursprung von der Pest, welche zu Rom, im Jahre 590 zu den Zeiten Gregor des Großen also stark wüthete, daß, wer nur den Mund und die Nase durch das Niesen aufthate, gähling dahin fiel; daher fieng man an zu den Niesenden zu sagen: Helf dir Gott! Etliche Schriftsteller aber wollen, daß dieser Gebrauch lang vor dem Gregor gewesen, indem Aristoteles, der viel hundert Jahre vor dem Gregor gelebet,[300] also spricht: Man thut gar recht, daß man den Niesenden Glück und Heil wünsche. Es mag nun seyn, wie ihm will, aufs wenigste hat Papst Gregor solchen löblichen Gebrauch in größere Uebung gebracht.


41. Titel: Servus Servorum: Diener aller Diener.


Dieser Titel kömmt von dem heiligen Gregor dem Großen her: denn dieser Papst fieng im Jahre 500 zum ersten an, in den ertheilten päpstlichen Briefen sich Servum Servorum Dei zu nennen, und dieses aus großer Demuth: denn dieser heilige Kirchenlehrer wußte wohl, daß, je mehr man erhöhet wird, desto mehr man sich demüthigen soll. Diesen Titel haben nachgehends alle Päpste angenommen; wie sie sich dann noch heutiges Tages dieses Titels bedienen.


42. Titel: Christianissimus: Allerchristlichste König.


Dieses ist der Könige in Frankreich Erbtitel, und ist solcher zum ersten dem Klodoväus, als er von dem Bischofe Remigius im Jahre 499 getaufet wurde, beygeleget worden; weil er nämlich der erste christliche König nach den römischen Kaisern war. Als aber dieser Name Christianissimi nach der Zeit außer Acht gekommen, hat solchen Papst [301] Innozenz IV. wieder hervorgesuchet, und Ludwig IX. dem Heiligen, wegen seinem großen Eifer gegen die Ungläubigen, wider welche er öfters mit seiner Armee in das gelobte Land zog, von neuem beygeleget. Dieser König starb im gelobten Lande an der Pest, im Jahre 1270.


43. Titel: Katholischer König.


Dieses ist der Erbtitel der Könige in Spanien, welchen Ferdinand V. vom Papste Innozenz VIII. im Jahre 1472 am allerersten bekommen hat, weil er die Juden, und sonderlich die Mohren, welche Spanien fast 700 Jahre lang besaßen, daraus vertrieben und ausgerottet hat. Andere wollen, daß König Rekared, im Jahre 500 auf dem dritten Konzilium zu Toledo diesen Titel schon erhalten habe, weil er die Arianer aus dem Lande vertrieben. Noch Andere melden, daß Alphons I. im Jahre 740 diesen Titel zuerst bekommen habe.


44. Titel: Eminenz.


Dieses ist der Titel der Kardinäle, welcher ihnen von dem Papste Urban VIII. im Jahre 1627 zuerst beygelegt worden. Man hieß sie zuvor nur Illustrissimos und Reverendissimos. Denjenigen Kardinälen aber, welche von alten fürstlichen Häusern herstammen, wurde das Prädikat Ihro Hochfürstlichen oder Durchleuchtigsten Eminenz beygesetzet.


[302] 45. Gebrauch, die Kirchen gegen Aufgang der Sonne zu bauen.


Dieser Gebrauch ist schon uralt, und es war der Tempel Salomons, nach dem Zeugnisse des Joseph Philo, schon auf solche Art gebauet. Ja, sogar die Heyden hatten ihre Tempel gegen Aufgang der Sonne gestellet, wie Virgil und Ovid bezeugen. Papst Klemens I. der im Jahre 92 regierte, verordnete, auf solche Weise die Kirchen zu bauen, mit diesen Worten: Primum quidem sit longa, & ad Orientem conversa: Erstlich soll das Kirchengebäude lang, und gegen Aufgang der Sonne gestellet seyn; und zwar aus dieser Ursache: weil Christus unser Heiland gegen Aufgang gestorben, und gen Himmel gefahren ist.


46. Ursprung des Asyli, oder Freyortes.


Die Asyla oder befreyten Oerter, woraus kein Gerichtsdiener einen armen Sünder zur Abstrafung hinwegnehmen darf, find uralt: indem schon zu Zeiten des Josu Civitates refugii, oder Freystätte gewesen. Konstantin der Große, der erste christliche Kaiser, hat zuerst den Kirchen solche Freyheit mitgetheilet; und es hat auch solches im Jahre 441 das arausikanische Konzilium beschlossen, mit diesen Worten: Es sollen Diejenigen, welche ihre Flucht in die Kirche nehmen, nicht herausgegeben, sondern[303] wegen Ehre des Ortes beschützet werden: Welche Freyheit hernach Papst Bonifaz V. im Jahre 620 bestättiget hat. Franz I. im Jahre 1529, und Heinrich II. im Jahre 1585, haben den Kirchen in Frankreich solche Freyheit entzogen, damit nicht den Lastern Gelegenheit gegeben würde.


47. Gebrauch, Bilder und Gemälde in den Kirchen zu haben.


Dieser löbliche Gebrauch ist uralt, indem der weise Salomon schon im alten Testamente Cherubine an die Wand des Tempels machen ließ. Konstantin, der erste christliche Kaiser, hat ebenfalls in der ersten Kirche zu Rom das Bild des Weltheilandes an die Wand machen lassen; ja er ließ den heiligen Johann den Täufer, wie er Christum taufete, auf den Taufstein stellen. Das zweyte allgemeine Konzilium zu Nicäen hat im Jahre 789, unter Adrian I. diesen Gebrauch gut geheißen, und befohlen, Gott und die Engel in leiblicher Gestalt zu malen, nicht zwar, daß sie Leiber haben, sondern, wie dieses Konzilium redet, weil sie in denselben sind gesehen worden, wann sie ein Amt bey den Menschen zu vertreten hatten.


48. Gebrauch kniend zu bethen.


Diese Weise zu bethen, kömmt von Christo selbst her, welcher auf dem Oelberge zu[304] dreymalen zu seinem himmlischen Vater kniend gebethet hat. Es hat auch auf diese Weise der heilige Apostel Paulus gebethet, wie in den Apostelgeschichten öfters zu lesen. Es thut auch des Kniens im Gebethe, und des Aufstehens Meldung das nicänische Konzilium, welches auch verordnet, daß man von Ostern bis Pfingsten stehend, und nicht kniend bethen soll. Es gebühret sich auch, daß wir arme Sünder vor einem so großen Gott kniend und mit zusammengelegten Händen bethen sollen: indem, wie uns der weise Syrach lehret, daß Gebeth eines Demüthigen die Wolken durchdringt.


49. Lobgesang: Te Deum Laudamus.


Dieses Kirchengebeth hat seinen Ursprung von dem heiligen Ambros und Augustin: denn als sich zu Mayland Augustin von dem dasigen Bischofe Ambros taufen ließ, fieng der heilige Ambros nach der heiligen Taufe mit erhobener Stimme an, also zu sprechen: Te Deum Laudamus; darauf antwortete Augustin: Te Dominum confitemur; und auf solche Weise haben sie nach einander dieses Lobgesang zusammen gemacht, und Gott dadurch Dank gesagt. Und dieses Te Deum Laudamus wird noch heute öfters in den Kirchen abgesungen, so oft man nämlich wegen absonderlicher empfangener Gutthat Gott dem Allmächtigen schuldigen Dank erstatten will.


[305] 50. Jubiläum.


Das Wort Jubiläum, wie der heilige Hieronymus schreibt, kömmt her von dem hebräischen Worte Jubal, welches so viel heißt als Nachlassung. Und solches Jubiläum war im alten Testamente alle 59 Jahre gebräuchlich. Im neuen Testamente aber hat das erste Jubiläum verliehen, Pabst Bonifaz VIII. im Jahre 1300, und solches auf alle 100 Jahre gestellet. Papst Klemens VI. hat es auf alle 50 Jahre gesetzet; Papst Urban VI. auf alle 30 Jahre, und endlich Papst Paulus III. auf 25 Jahre, bey welchem es heutiges Tages noch bleibt.


51. Priesterkrone auf dem Kopfe.


Daß die Priester eine runde Krone auf dem Kopfe tragen, ist schon uralt: indem dieser löbliche Gebrauch schon zu den Apostelzeiten gewesen; wie dann Dionys Areopagita, den der heilige Paulus im Jahre 52 zu Christo bekehret, davon schon Meldung thut. Papst Anaklet I. der von 101 bis 110 regierte, befahl schon in einer Epistel an die Bischöfe in Frankreich, daß die Geistlichen auf dem Haupte das Haar ringweise abscheeren sollen. Und dieses geschieht zu Ehren der dörnern Krone Christi, oder wie Andere wollen, daß die Priester cum crinibus crimina, die Laster, besonders[306] die weltliche Eitelkeit, mit den Haaren ablegen sollen.


52. Brautring.


Daß der Bräutigam der Braut einen Ring ansteckt, ist schon ein uralter Gebrauch; wie dann schon Plinius, der im Jahre Christi 70 florirte, davon Meldung thut, daß nämlich vor Alters den neuen Eheleuten ein eiserner Ring sey gegeben worden, zum Zeichen der starken und beständigen Treue. Denn gleichwie der Ring kein Ende hat, also sollte der Eheleute Liebe und Treue ohne Ende beständig seyn; wie schon der heilige Ambros meldet: Annulus, quid, est aliud, nisi sinceræ fidei signaculum: Was ist der Ring Anders, als ein Zeichen der aufrichtigen Liebe.


53. Brevier, oder geistliche Tagzeiten.


Daß die Priester gewiße Tagzeiten oder Psalmen zu bethen gehalten, ist uralt; wie dann die Apostel selbst zu gewißen Zeiten des Tages den Tempel zu bethen gegangen, als um 9 Uhr, wie Petrus und Johannes, Apostelg. 5. und um 6 Uhr, wie Petrus, Apostelg. 10. Der heilige Vater Benedikt hat hernach die Tagzeiten in die Metten, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet ausgetheilet, nach dem Beyspiel des heiligen Propheten Davids, der da saget: [307] Septies in die laudem dixi tibi: Siebenmal im Tage, habe ich dir Lob gesagt. Pius V. dieser heilige Papst der im Jahre 1560 zu regieren anfieng, hat endlich das ganze Brevier vermehret, und in die jetzige Ordnung, die noch heute gebräuchlich, eingerichtet. Es sind also sieben Zeiten des Tages, in welchen absonderlich Gott der Herr soll gelobet, und zur Barmherzigkeit bewogen werden; denn auch der Gerechte fallt des Tages siebenmal.

Warum aber die Matutin oder Metten in 3 Nokturnen oder 3 Theile ausgetheilet worden, ist die Ursache, weil man vor Alters dreymal zu Nachts zu Bethen aufstund; und zwar das erstemal um die erste Schlafzeit; das zweytemal um Mitternacht; das drittemal um 3 Uhr frühe Morgens: woher meistens die Matutin ihren Namen hat. Nun aber ist solches wegen vieler Beschwerlichkeit, auch sonsten wegen vieler Ungelegenheit geändert worden, und wird jetzt entweder die Matutin allein um Mitternacht gebethet, nach dem Beyspiele Davids, der von sich also meldet: Media nocte surgebam ad confitendum tibi; Ich stund auf um Mitternacht, dich zu loben. Oder frühe Morgens, wie David gethan: Mane oratio mea præveniet te: Mein Gebeth soll dir am Morgen vorkommen.[308]

Durch die sieben Tagzeiten werden vorgestellet die sieben Hauptwerke unsrer Erlösung, wie aus folgenden Reimen zu sehen:


Zur Mettenzeit Christus sich läßt binden,

Daß er uns auflößet unsere Sünden.

Die erste Stund ihn verspeyet unverschamt,

Die dritte das Leben zum Tod verdammt.

Die sechste an das Kreuz Christum heftet,

Die neunte uns seine Seite eröffnet.

Die Vesper nimmt ihn von dem Kreuz herab,

Die Komplet legt ihn hinein in das Grab.

Daher den Herrn im Himmel droben

Siebenmal in dem Tag sollest loben.


54. Choralmusik.


Das Choralgesang hat der heilige Papst Gregor der Große, welcher im Jahre 590 zu regieren anfieng, erfunden, und in die Kirche eingeführet, welches er Cantum Firmum nennen ließ, auch zu Rom Schulen, wo man solches lehrte, errichtete. Die römischen Kaiser, Karl der Große und Ludwig der Fromme, haben hernach in Frankreich das gallikanische Chorgesang abgeschaffet, und zu größerer Einigkeit gewollt, daß das gregorianische oder römische Choralgesang sollte in Frankreich im Chore gesungen werden; wie es denn auch schon von Pipin, Kaiser Karls des Großen Vater, also verordnet gewesen.


[309] 55. Wallfahrt.


Der Gebrauch, gewiße Orte und Kirchen zu besuchen, ist schon uralt. Ruffin schreibt von dem Kaiser Theodos, er habe mit den Priestern und mit dem Volke alle Bethhäuser besuchet, und sey vor den Gedächtnißorten der Märtyrer in einem härenen Bußkleide gelegen. Der heilige Basil meldet, daß die Leute wie Bienenschwärme zu den Gräbern der Märtyrer gewallfahrtet seyn etc.


59. Heiligsprechung.


Dieser Gebrauch ist schon vor den Zeiten der Apostel gewesen, aber nicht mit solchen Ceremonien, wie jetzund: denn vor Alters geschahen die Heiligsprechungen nur durch Ausruf des Volks, und Derjenige wurde nach seinem Tode, ohne weitere Kirchengepränge, gleich für einen Heiligen ausgerufen und verehret, welcher mit Wundern geleuchtet. Es hieß zuvor nur: Vox populi, vox Dei. Jetzt aber wird die Heiligsprechung mit weit größerer Gewißheit und Solennität vorgenommen. Die erste feyerliche Kanonisation oder Heiligsprechung nach jetzigem Gebrauche hat der heilige Papst Leo III. ein Benediktiner, im Jahre 796 vorgenommen. Denn, als er Deutschland durchreisete, hat er auf Begehren Karls des Großen, und Hildebalds, Erzbischofes zu Kölln, den heiligen Suitbert, Bischof zu Werden, der ebenfalls ein Benediktiner war, in besagter[310] Stadt, in Gegenwart Karls des Großen, und einer unzähligen Menge Volkes heilig gesprochen.

Quelle:
Schreger, Odilo: Odilo Schregers lustiger und nützlicher Zeitvertreiber [...]. Eilfte, vermehrte und verbesserte Auflage, Augsburg 1802, S. 269-311.
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