Auf eine Landkarte der Schweiz

[153] Das ernste Land mit seinen Felsenstegen,

Abgründen, Bergesriesen, eis'gen Zinnen,

Es drängte meinen wanderlust'gen Sinnen

Auf diesem Blatte furchtbar sich entgegen.


Wer schützet mich auf den umdrohten Wegen,

Verbeut dem Schnee, jäh vom Gebirg zu rinnen?

Und, wird mir hell, kann ich die Höh'n gewinnen,

Das Wunderland zu meinen Füßen legen?


Da mahnt es mich, daß auch mein süßes Leben

All diese Berg' und Thäler jüngst durchzogen:

Schnell hab' ich neu die Karte durchgeflogen.


Wie hell und freundlich alle Klüft' und Höhen,

Um die der Liebe Morgenschimmer wehen!

O nur hinein! ist denn der Weg nicht eben?

Quelle:
Gustav Schwab: Gedichte. Leipzig [um 1880], S. 153.
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