[742] Antonius' Lager bei dem Vorgebirge Aktium.
Cleopatra und Enobarbus treten auf.
CLEOPATRA.
Ich werde dir's gedenken, zweifle nicht! –
ENOBARBUS.
Warum? warum denn? –
CLEOPATRA.
Du widersprachst, daß ich zum Kriege folgte,
Und sagt'st, es zieme nicht?
ENOBARBUS.
Nun, ziemt es denn?
CLEOPATRA.
Warum – rechtfert'ge dich – warum nicht zög' ich
Mit ihm ins Feld?
ENOBARBUS beiseit.
Ei nun, ich könnt' erwidern,
Wenn wir mit Stuf und Hengst zusammen ausziehn,
Dann sei der Hengst zuviel; die Stute trüge
Den Reiter und sein Roß.
CLEOPATRA.
Was sagst du da?
ENOBARBUS.
Eu'r Beisein muß durchaus Anton verwirren
Und ihm an Herz und Hirn und Zeit entwenden,
Was dann höchst unentbehrlich. Zeiht man doch
Ihn schon des Leichtsinns, und erzählt in Rom,
Photinus, der Eunuch, und Eure Weiber
Regierten diesen Krieg.[742]
CLEOPATRA.
Fluch Rom! Verdorren
Die Zungen dieser Läst'rer! Unser ist
Der Krieg, und als der Vorstand meines Reichs
Streit' ich in ihm als Mann. Sprich nicht dagegen,
Ich bleibe nicht zurück.
ENOBARBUS.
Ich sage nichts;
Hier kommt der Imperator.
Antonius und Canidius treten auf.
ANTONIUS.
Wie seltsam ist's, Canidius,
Wie konnt' er von Tarent doch und Brundusium
So schnell durchschneiden das Ion'sche Meer
Und Toryn nehmen? Hörtest du's, Geliebte?
CLEOPATRA.
Geschwindigkeit wird nie so sehr bewundert.
Als von Saumseligen.
ANTONIUS.
Ein guter Vorwurf,
Wie er dem besten Manne wohl geziemt,
Nachlässigkeit zu rügen. – Wir, Canidius,
Bekämpfen ihn zur See.
CLEOPATRA.
Zur See! Wie sonst? –
CANIDIUS.
Warum denn das, mein Feldherr?
ANTONIUS.
Weil er uns dorthin fordert.
ENOBARBUS.
Mein Fürst hat auch zum Treffen ihn gefordert.
CANIDIUS.
Und bei Pharsalia diese Schlacht zu liefern,
Wo Cäsar mit Pompejus focht: doch beides,
Weil's ihm nicht vorteilhaft, weist er zurück;
So solltet Ihr!
ENOBARBUS.
Die Flott' ist schlecht bemannt:
Eu'r Schiffsvolk Landsoldaten, Bauern, Leute
In flücht'ger Eil' geworben; Cäsars Mannschaft
Dieselbe, die Pompejus oft bekämpft,
Leicht seine Segler, Eure schwer. Kein Unheil
Erwächst für Euch, wenn Ihr zur See ihn meidet;
Zu Lande seid Ihr stark.
ANTONIUS.
Zur See! Zur See! –
ENOBARBUS.
O großer Mann! dadurch vernichtest du
Dein' unerreichte Feldherrnkunst zu Land;
Verwirrst dein Heer, von dem die größte Zahl[743]
Erprobtes Fußvolk ist: unangewandt
Bleibt deine Kriegeskenntnis: du verfehlst
Den Weg, der dir Erfolg verheißt, und gibst
Dich selbst dem eitlen Glück und Zufall hin
Statt fester Sicherheit!
ANTONIUS.
Zur See! –
CLEOPATRA.
Ich bring'
Euch sechzig Segel, Cäsar hat nicht beßre.
ANTONIUS.
Der Schiffsmacht Überzahl verbrennen wir,
Und mit dem wohlbemannten Rest, am Vorland
Von Aktium, schlag' ich Cäsarn. Fehlt es uns,
Dann sei's zu Lande noch versucht! –
Ein Bote tritt auf.
Was bringst du?
BOTE.
Es ist bestätigt, Herr, man sah ihn selbst,
Cäsar nahm Toryn ein.
ANTONIUS.
Kann er persönlich dort sein? 's ist unmöglich.
Schon viel, wenn nur sein Heer es ist. Canidius,
Du bleibst am Land mit neunzehn Legionen
Und den zwölftausend Pferden; wir gehn an Bord.
Ein Soldat tritt auf.
Komm, meine Thetis! – Nun, mein würd'ger Kriegsmann?
SOLDAT.
Oh, Imperator! Fechtet nicht zur See,
Baut nicht auf morsche Planken! Traut Ihr nicht
Dem Schwert und diesen Wunden? Laßt die Syrer
Und die Ägypter wie die Enten tauchen:
Wir lernten siegen auf dem festen Grund
Und fechtend Fuß an Fuß.
ANTONIUS.
Schon gut! Hinweg! –
Cleopatra, Antonius und Enobarbus ab.
SOLDAT.
Beim Herkules! Mir deucht, ich habe recht.
CANIDIUS.
Das hast du, Freund. Doch all sein Tun keimt nicht
Aus eigner Macht: So führt man unsern Führer,
Und wir sind Weiberknechte.
SOLDAT.
Ihr behaltet
Zu Land das Fußvolk und die Reiter alle? –
CANIDIUS.
Marcus Octavius und Marcus Justejus,[744]
Publicola und Cälius sind zur See;
Wir alle stehn am Lande. Diese Eil'
Des Cäsar ist unglaublich.
SOLAT.
Seine Macht
Zog so vereinzelt sich aus Rom, daß er
Die Späher täuschte.
CANIDIUS.
Wißt Ihr, wer sie führt?
SOLDAT.
Man nannte Taurus.
CANIDIUS.
Der ist mir bekannt.
Ein Bote kommt.
BOTE. Der Imperator läßt Canidius rufen.
CANIDIUS. Die Zeit ist Neuigkeiten-schwanger; stündlich Gebiert sie eine.
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