Psalm. 143. Domine exaudi

[678] Ein Gebetpsalm vmb vergebung der sünd, daß Gott vns bei seines Namens ehr vnd rechter leer erhalten, Die falschen lehrer vnd feind vertilgen wölle.


1.

Ach, HERR, erhör mein flehlich bit,

wöllst mir meinn kummer stillen!

Vernimm mein klag, verwirff mich nit,

vmb deiner warheyt willen!

Mein sünd mich quelen alle zeit

vnd drucken mich vil armen:

Drumb, HERR, nach deinr gerechtigkeyt

wöllstu dich mein erbarmen.


2.

Laß nit gehn vber deinen knecht

dein Geist vnd Vrtheyl schwere,

Forder mein Sünde nicht ins recht,

mich grichtlich zu verhören:

Verdampt sind alle Adams kind,

mit sünden schwer beladen,

Vor dir sich keyn gerechter sindt,

steckn all in dem Erbschaden.


3.

Drumb mich der feind verfolget sehr

vnd schleht mich gar zur erden:

Er spricht, ich sol durch menschen lehr

von Sünd errettet werden,

Damit mich in verzweifflung fürt

vnd engstet mein gewissen,

Meinn geyst, der todt vnd helle rürt,

daß mein hertz möcht zerfliessen.


4.

Doch denck ich an dein wunderthat

von alten alten zeiten,

Wie du barmhertzigkeyt vnd gnad

erzeygt hast allen leuten,

Vnd was gewircket hat dein handt,

wie du vergabst die Sünde,

Solchs wirt der gantzen welt bekandt,

daß gnad bei dir zu finden.


5.

Zu dir ich stedts mein händ außbreyt,

hilff, daß ich werd erhöret!

Mein seel dürstet vor grossem leydt,

mein geyst ist schier verzeret:

Dein antlitz nicht von mir abweich,

wöllst mir dein hülff nicht sparen,

Daß ich nicht den mög werden gleich

die in die helle faren.


6.

Zeitlich wöll mir dein gnad beistehn,

mein hoffnung an dir hanget.

Zeyg mir den weg, den ich sol gehn,

nach dir mich, HERR, verlanget.

Mein feind sind also gar verrucht,

wöllst mich von jn erretten.

Zu dir hab ich alleyn zuflucht,

drumb wöllstu mich vertretten.


7.

Du bist mein Gott, wöllst bei mir stan,

deinn heylgen geyst mir geben,

Der mich recht für auff ebner ban,

nach deinem willn zu leben.

Erquick mich durch deins Namens ehr,

mein seel auß nöten füre,

Vmb deinr grechtigkeyt willn, O HERR,

daß mich keyn schad nicht rüre.


8.

Verstör mein feind, mach sie zu nicht

vmb deiner güte willen,

Bring vmb alls was mein seel ansicht,

daß sich mein ellend stille.

Wann du mein sach bringst wider zrecht,

wirst mir mein Sünd vergeben,

So bleib ich, HERR, alzeit dein knecht,

bei dir werd Ewig leben.


9.

Lob sei Gott in seim höchsten thron,

der vns hie hat gegeben

Alls gut durch seinen lieben Son,

in dem wir han das leben,

Dein heylgen Geyst, der vns die sünd

vergibt allhie auff erden,

Solchs durch sein heylges Wort vekündt,

daß wir dort selig werden.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Band 3, Leipzig 1874, S. 678-679.
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