Breite

[255] Breite, geographische, geozentrische, reduzierte. Die geographische Breite (oder Polhöhe) ist der Winkel φ (vgl. die Figur), den die Richtung der Schwerkraft an einem Erdpunkte P mit der Aequatorebene A Q bildet.

Wird als mathematische Erdfigur die Kugel eingeführt, so fällt die Lotrichtung mit dem Kugelradius zusammen, wird das Umdrehungsellipsoid (s. Erde) eingeführt, so ist dieser Winkel f (sphäroidische oder wahre Breite) zu unterscheiden von dem Winkel ψ den der Radiusvektor PC mit der Aequatorebene bildet und der die geozentrische oder verbesserte Breite genannt wird.

Zwischen φ und ψ besteht die Beziehung tg ψ = (1 – e2) tg φ oder = b2/a2 tgφ, worin a und b die Halbachsen und e die Exzentrizität der Meridianellipse bedeuten. – Wird die Lage des Punktes P durch die Beziehung x = a cos χ, y = b sin x und x2/a2 + y2/b2 = 1 zum Ausdruck gebracht, also mit Hilfe der mit den Halbachsen a und b um C beschriebenen Kreise, so nennt man den Winkel χ die reduzierte Breite, und es entsteht die Beziehung:


Breite

Zur Erlangung größerer Rechenschärfe und zur Erleichterung der Rechnungen sind für φ – ψ und φ – χ Formeln entwickelt und durch Tafeln berechnet worden [1], [2].


Literatur: [1] Albrecht, Formeln und Hilfstafeln für geographische Ortsbestimmungen, Leipzig 1894.- [2] Bremiker, Studien über höhere Geodäsie, Berlin 1869; Helmert, Die mathematischen und physikalischen Theorien der höheren Geodäsie, Leipzig 1880, Bd. 1, S. 39;. Brünnow, Lehrbuch der sphärischen Astronomie, 4. Aufl., Berlin 1881, 3. Abschn., Jordan, Handbuch der Vermessungskunde, Bd. 3, 4. Aufl., Stuttgart 1896, Kap. 9.


Ueber gewisse kleine Veränderungen der geographischen Breite eines Punktes infolge kleiner periodischer Verlegungen der Erddrehachse im Erdkörper, die neuerdings nachgewiesen sind, vgl. den Art. Erdachsenschwankungen; über geodätische Bestimmung (im Gegensatz zur direkten astronomischen) der geographischen Breite die Art. Geodätische Uebertragung der geographischen Koordinaten, Polhöhenbestimmung; über astronomische Bestimmung den ausführlichen Artikel: Polhöhenbestimmung (mit Literaturangaben), ferner die Art. Ortsbestimmung, photographische, Zenitfernrohr, Zenitsektor. Infolge der sogenannten Lotstörungen, d.h. des Umstandes, daß die in den Punkten der Erdoberfläche wirklich vorhandenen Lotrichtungen im allgemeinen abweichen von den Richtungen, die durch die entsprechenden Normalen der mit einem Rotationsellipsoid (Referenz ellipsoid) von geringer Abplättung zu identifizierenden ideellen Gestalt der mathematischen Erdoberfläche angegeben werden, unterscheiden sich »geodätisch übertragene geographische Breite« und »unmittelbar astronomisch bestimmte Breite« eines Punktes der Erdoberfläche oft um viele Bogensekunden voneinander (vgl. a. Erde, Erdmessung und Lotabweichung). – Ueber das nautische Breitenproblem vgl. Polhöhenbestimmung, Douwes Aufgabe, Sumner-Linien.

Reinhertz.

Breite
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 255.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: