[446] Chlormethyl, Methylchlorid, Monochlormethan, Mol.-Gew. 50,5, eine organische Verbindung der Zusammensetzung CH3Cl.
In dem Methan oder Sumpfgas CH, läßt sich ein Wasserstoffatom um das andre durch Chlor substituieren. Man erhalt so folgende substituierte Methane: 1. das Chlormethyl oder Monochlormethan CH3Cl; 2. das Methylenchlorid oder Dichlormethan CH2Cl2; 3. das Chloroform oder Trichlormethan CHCl3; 4. den Tetrachlorkohlenstoff oder Tetrachlormethan CCl4. Für die organische Synthese sind dieselben von hervorragender Bedeutung, weil das Halogen in ihnen nur leicht gebunden ist und es somit gelingt, durch doppelten Austausch den Alkylrest (s. Aethyl) in andre organische Verbindungen einzuführen (s. z.B. Acetessigestersynthesen). Weiteres über Halogensubstitutionsprodukte s. unter [1].
Das Chlormethyl ist ein süßlich riechendes Gas die übrigen Halogensubstitutionsprodukte sind meist flüssig, die niedrigmolekularen sind Gase, die hochmolekularen fest , das sich jedoch durch Einwirkung starker Kälte zu einer farblosen Flüssigkeit verdichtet, die bei 22° siedet. In Wasser sind 4 Volumen, in Alkohol 35 Volumen Chlormethyl löslich. Im Laboratorium gewinnt man das Gas durch Erhitzen eines Gemenges von 1 Teil Methylalkohol, 2 Teilen Chlornatrium und 3 Teilen Schwefelsäure (Dumas-Peligot), oder durch Einleiten von gasförmiger Salzsäure in kochenden Methylalkohol unter Zusatz von 1 Teil Chlorzink auf 2 Teile Methylalkohol (Groves). Das entweichende Chlormethyl wird dann mit Kalilauge gewaschen und mit Schwefelsäure getrocknet. Das komprimierte und in Metallzylindern in den Handel gebrachte flüssige Chlormethyl wird in Frankreich fabrikmäßig aus der Schlempe der Rübenzuckermelassen nach dem Verfahren von Vincent gewonnen, indem man den Abdampfungsrückstand derselben trocken destilliert. Man erhält so ein wässeriges Destillat, das neben Methylalkohol und Ammoniaksalzen Salze des Trimethylamins und andrer methylierter Amine enthält, die aus dem in den Rüben enthaltenen Betaïn (s.d.) entstanden sind. Durch Erhitzen des salzsauren Trimethylamins mit Salzsäure werden die Methylgruppen nach folgender Gleichung als Chlormethyl abgespalten:
Das entweichende Gas wird dann, wie oben angegeben, gereinigt, getrocknet und zur Flüssigkeit komprimiert. Das Chlormethyl fand zeitweilig Verwendung zur Herstellung methylierter Teerfarben und zur Eisfabrikation, doch ist dieselbe jetzt wohl bedeutend eingeschränkt worden. Es dient ferner zur Herstellung von reinem Chloroform. Auch in der Medizin benutzt man es als lokales Anästhetikum, indem es durch seine Verdunstungskälte Empfindungslosigkeit der behandelten Stelle hervorruft. Das Anästhetikum »Compound liquid-Richardson« ist eine gesättigte Lösung von Chlormethyl in Chloroform.
Literatur: [1] Beilstein, Handbuch der organ. Chemie, 3. Aufl., Hamburg und Leipzig 1893, Bd. 1, S. 141200; Schmidt, Pharm. Chemie, organ. Teil, Braunschweig 1901.
Bujard.