Dekoration

[709] Dekoration bildet den äußeren und inneren Schmuck des nackten Zweckbaues; sie erfolgt durch Anwendung der drei bildenden Künste: Architektur, Malerei und Skulptur.

Die Architektur gibt die Hauptidee und Anlage der Dekoration an; sie besteht in Säulenstellungen mit Gebälke, Gesimsteilungen, Wandverkleidungen u.s.w. Malerei und Skulptur können in zwei Beziehungen als Schmuck der Architekturteile auftreten: a) In unmittelbarer Verbindung mit der Architektur als Ornament mit zweierlei Zwecken, einmal, um die struktive Tätigkeit der Architekturteile anzudeuten (struktives Ornament) [1], wozu die verschiedenen Kapitale, die Verzierungen der Säulenfüße, der Säulenschäfte, der Gesimse u.s.w. gehören, und sodann als malerischer und plastischer Schmuck, um die nichtstruktiven Teile eines Baues, die sogenannten neutralen Felder, in einer dem Auge des Beschauers angenehmen und anregenden Weise verzieren zu helfen (neutrales Ornament). Zu den letzteren gehören die verschiedenen Dekorationen des Frieses, des Giebelfeldes, der Pilaster, Wandfüllungen u.s.w. In beiden Verwendungen des Ornaments tritt der malerische und plastische Schmuck in eine so nahe Verbindung mit der Architektur, daß sie ein untrennbares Ganzes bilden [2]. b) Es können aber Malerei und Plastik auch in einem loseren Zusammenhange mit der Architektur flehen, so zwar, daß sie mehr oder weniger selbständige Werke zu schaffen imstande sind. Dazu gehören an passenden Orten aufgehellte Statuen oder Büsten, ferner die großen Wandmalereien öffentlicher Gebäude oder die kleineren Tafelbilder, die unsre Salons schmücken. Bei Festlichkeiten aller Art werden auch an begehenden Bauten oder besonders angelegten Gerüsten Dekorationen vorübergehend angebracht. Soll eine Dekoration schön sein, so muß sie maßvoll und mit richtigem Verständnis angewendet werden und Stil besitzen [3].


Literatur: [1] Schubert-Soldern, Stilisieren der Pflanzen, Zürich 1887. – [2] Semper, G., Der Stil, Frankfurt a.M. 1862; Ders., Kleine Schriften, Berlin 1884. – [3] Burckhardt, Jac, Gesch. der Renaissance in Italien, Stuttgart 1868, IX. Kap. – Ferner [4] Ders., Der Cicerone, Basel 1860, Bd. I, S. 366 ff. – [5] Vischer, F. Th., Aesthetik, Leipzig 1851, III. Teil, S. 596 ff. – [6] Handbuch der Architektur, Darmstadt 1893, IV. Teil, 1. Halbbd.: Architekton. Komposition, 4. Abschn., II. Kap., Raumarchitektur, S. 169–217.


Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 709.
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